Letztes Geleit für Lech Kaczynski: Mit einem Staatsbegräbnis für den polnischen Präsidenten sind die Trauerzeremonien am Sonntag in Krakau zu Ende gegangen. Kaczynski und seine Frau Maria wurden nach einer Trauermesse in Krakau in der Gruft des Wawel-Kathedrale bestattet. Zehntausende Polen hatten zuvor noch einmal die Gelegenheit genutzt, von dem zu Lebzeiten umstrittenen Präsidenten, der das Land erst in seinem Tod geeint hatte, Abschied zu nehmen.
Zu dem Staatsbegräbnis in Krakau hatten sich auch zahlreiche Präsidenten, Regierungschefs und gekrönte Häupter angesagt. Doch wegen der Vulkanasche aus Island und der Sperrung weiter Teile des europäischen Luftraums sagten über 40 von ihnen ihre Teilnahme kurzfristig ab, darunter US-Präsident Barack Obama und Bundeskanzlerin Angela Merkel.
Russischer Präsident Medwedew bei Trauerfeier
Unbeeindruckt von der Aschewolke traf dagegen der russische Präsident Dmitri Medwedew am Sonntagmittag noch mit einer Sondermaschine in Krakau ein. Auf den russischen Präsidenten, dessen Land eine schwierige Vergangenheit mit Polen hat, richteten sich am Sonntag die Augen vieler Polen.
Im Gespräch mit dem polnischen Regierungschef Donald Tusk sagte Medwedew vor der Totenmesse, die Trauer habe beide Nationen verbunden. Auch künftig sei das russische Volk bereit zur Zusammenarbeit. Medwedew legte in der Marienkirche einen Strauß scharlachroter Rosen nieder und zündete eine Kerze an. Das russische Staatsfernsehen übertrug das Staatsbegräbnis direkt. Als wichtigster ausländischer Politiker wurde Medwedew in der Krakauer Marienkirche ganz nach vorne zu seinem Sitz geführt.
Deutschland wurde von Bundespräsident Horst Köhler und Bundesaußenminister Guido Westerwelle vertreten. Sie waren per Hubschrauber angereist. Von den übrigen hochrangigen Staatsgästen, die es noch zum Staatsbegräbnis geschafft hatten, kamen die meisten aus den östlichen, weniger von der Vulkanasche betroffenen Teilen Europas und aus Asien. Köhler und Westerwelle kondolierten zum Abschluss der Trauerfeier der polnischen Führung.
Gedenkminute und Sirenengeheul
Die Trauerzeremonie begann am Sonntag mit Gedenkminuten und Sirenengeheul in ganz Krakau. Nach der Messe in der prächtigen Marienkirche wurden die in rot-weiße Flaggen gehüllten Särge dann auf Geschütz-Lafetten durch die Krakauer Altstadt zur Wawel-Burg gebracht. Erneut säumten Tausende Menschen die Straßen. In der Wawel- Kathedrale auf der Burg wurde das Paar in einem Sarkophag an der Seite von polnischen Königen und Nationalhelden bestattet. Nur die Familie, darunter die Tochter Marta und der Bruder Jaroslaw, durften den letzten Minuten der Beisetzung beiwohnen.
Dass der erzkonservative Präsident Kaczynski auf dem Burgberg Wawel, der ehemaligen Königsresidenz in Krakau und einem der bedeutendsten nationalen Symbole, zur letzten Ruhe gebettet wird, war umstritten. Kritiker argumentieren, dass er nicht neben Königen und Nationalhelden beerdigt werden sollte.
Tausende säumten die Straßen
Die Särge mit dem Präsidentenpaar waren am Sonntagvormittag in Krakau eingetroffen. Sie wurden dann vom Krakauer Flughafen Balice in die Marienkirche am Hauptmarkt der Altstadt gebracht. Unter strahlend blauem Himmel säumten dabei Tausende Trauernde die Straßen von Krakau. Als der Konvoi durch die engen Gassen fuhr, spendeten die Wartenden Beifall und warfen gelbe und rote Nelken vor die Leichenwagen, die Lieblingsblumen von Maria.
Bereits am Vortag hatten Hunderttausende Menschen in Warschau bei einem Staatsakt Abschied von dem Präsidenten genommen und der fast hundert Toten des Flugzeugabsturzes vor einer Woche in Russland gedacht. Bei den Feierlichkeiten in Warschau standen Kaczynskis Zwillingsbruder Jaroslaw und Marta, die Tochter des verunglückten Präsidentenpaares, gefasst vor einer Bühne, auf der ein Altar aufgebaut war.
Größte Tragödie der polnischen Nachkriegsgeschichte
Premierminister Donald Tusk nannte den Absturz der Präsidentenmaschine die größte Tragödie der polnischen Nachkriegsgeschichte. Parlamentschef Bronislaw Komorowski, das amtierende Staatsoberhaupt, appellierte an die Polen, in diesen schweren Stunden zusammenzustehen. «Nur selten gibt es Augenblicke in der Geschichte einer Nation, in denen wir wissen und fühlen, dass wir wirklich zusammenstehen», sagte er. "Die Katastrophe bei Smolensk war ein solcher Augenblick."
Kaczynskis Maschine war bei Smolensk in Westrussland bei dichtem Nebel abgestürzt. Es wird vermutet, dass ein Pilotenfehler die Ursache war. Die Delegation war auf dem Weg zu Gedenkveranstaltungen zum 70. Jahrestag der Hinrichtungen in Katyn gewesen. Der sowjetische Geheimdienst hatte damals 22 000 polnische Offiziere und andere Mitglieder der Führungselite umgebracht.
Versöhnung mit Russland
Der Absturz und die Trauer um die Toten hatte nicht nur die Polen geeint, er hatte auch Polen und Russland nähergebracht. Der Metropolit von Krakau, Kardinal Stanislaw Dziwisz, rief angesichts der Flugkatastrophe in Smolensk mit fast hundert Toten Polen und Russen zur Versöhnung auf. Die Tragödie vor einer Woche habe viel Gutes in beiden Nationen freigesetzt, sagte Dziwisz bei der Trauermesse.
dpa