Simbabwe 30 Jahre unabhängig: Mugabes Schreckenswerk
Auch nach 30 Jahren fast unumschränkter Herrschaft will der älteste amtierende Staatschef der Welt, Robert Mugabe, "sein" Land nicht aus seinem eisernen Griff lassen.
16.04.2010
Von Laszlo Trankovits

Die Afrikaner Robert Mugabe und Nelson Mandela haben viel gemeinsam: Beide waren Freiheitskämpfer, saßen lange Jahre im Gefängnis und besiegten die Herrschaft einer weißen Minderheit. Beide wurden Präsidenten eines demokratischen, von schwarzen Politikern dominierten Landes, versprachen eine Politik der Aussöhnung. Wenn sich aber am Sonntag der 30. Jahrestag der Unabhängigkeit Simbabwes jährt, wird Präsident Mugabe trotz der Jubelfeste in Harare wieder mal bitter an den gravierenden Unterschied erinnert. Der 81-jährige Mandela ist der Nationalheld Südafrikas und Freiheitsidol der Welt. Der 86 Jahre alte Autokrat Simbabwes dagegen ist international isoliert und verfemt, im eigenen Land gefürchtet und verhasst. Nur wenige Staatsgäste werden deshalb Simbabwes Geburtstag mitfeiern wollen.

Simbabwe: Wirtschaftlich ruiniert, moralisch verwüstet

Denn Mugabe hat ein einst blühendes Land wirtschaftlich ruiniert und moralisch verwüstet. Sein Name ist weltweit ein Synonym für afrikanische Schreckensherrschaft, Sanktionen der EU und der USA sind ein Ergebnis. Und auch nach 30 Jahren fast unumschränkter Herrschaft will der älteste amtierende Staatschef der Welt sein Land und die leidgeprüften Menschen nicht aus seinem eisernen Griff lassen. Mugabe betrachtet Simbabwe, als "persönliches Eigentum", wie er wiederholt gesagt hat.

Fast jeder zweite der etwa 12 Millionen Simbabwer sind von Nahrungsmittelhilfe aus dem Ausland angewiesen. Die Lebenserwartung der Menschen ist über die Jahre gesunken. Simbabwe hat traurige Spitzenwerte bei Aids-Infizierten, Kindersterblichkeit oder Arbeitslosigkeit. Die Wirtschaft liegt trotz leichter Erholung danieder. Opposition und Menschenrechtsgruppen prangern nach wie vor Terror und Gräueltaten der Geheimpolizei und der paramilitärisch geschulten Garden der Mugabe-Partei ZANU-Pf an.

Simbabwe befindet sich im freien Fall

Als Simbabwe am 18. April 1980 unabhängig und Mugabe wenig später erster Premierminister der früheren englischen Kolonie Rhodesien wurde, übernahm er ein wirtschaftlich gesundes Land. Die "Kornkammer" Afrikas war voller Bodenschätze, war ein attraktives Reiseland. 200.000 Weiße und Inder bildeten das Rückgrat der Ökonomie. Die ganze Welt hatte dafür Verständnis, dass Mugabe schwarze Landsleute stärker in die Wirtschaft integrieren, den Lebensstandard der einfachen Menschen erhöhen wollte. Obwohl Mugabe und seine Partei ZANU-Pf von Anfang mit Gewalt und Terror gegen politische Gegner vorgingen, Pfründe reichlich verteilt wurden, galt die Reformpolitik dennoch als insgesamt behutsam, wurde enorm in die Bildung investiert, erfolgreich Auslandskapital angelockt.

Spätestens aber seit Mugabe vor zehn Jahren mit seiner Landreform begann, den weißen Farmern den Garaus zu machen und sie zu enteignen, befindet sich das Land fast im freien Fall. Offiziell wurden elf Millionen Hektar Land an etwa 300.000 kleine Farmer verteilt, allerdings ging nach westlicher Einschätzung das meiste Land an Günstlinge und Anhänger Mugabes, die die Farmen oft verrotten ließen. Millionen Landarbeiter verloren den Arbeitgeber.

"Indigenierungs"-Gesetz erst mal gescheitert

Seit 2009 regiert eine "Regierung der Nationalen Einheit" von Mugabe und seinem Herausforderer Morgan Tsvangirai. Nach Terror und blutigen Auseinandersetzungen im Wahlkampf 2008 sowie Wahlfälschungen des Verlierers Mugabes war sie vor allem auf internationalen Druck zustande gekommen. Ihr Ziel ist eine Verfassungsreform, die die Macht des Präsidenten einschränkt und die Vorbereitung von Neuwahlen. Seither werden erbittert innenpolitische Grabenkämpfe geführt.

Zumindest konnte kurz vor dem Unabhängigkeitstag eine neue Enteignungswelle und damit die Vertreibung der letzten etwa 20.000 bis 30.000 Weißen und Inder verhindert werden. Ein "Indigenierungs"-Gesetz, dem zufolge alle Firmen zu mindestens 51 Prozent schwarzen Simbabwern gehören müssten, wurde im letzten Moment ausgesetzt. Die Chancen, dass die kurze wirtschaftliche Erholungsphase seit Frühjahr 2009 eine Fortsetzung findet, besteht; die Angst aber, dass Mugabe bald wieder die ganze Macht an sich reißen könnte, ist bei vielen Simbabwern spürbar.

dpa