Tschapek-Güntner verlangte von Politik und Kirchen, die Aufarbeitung der Missbrauchsfälle an Eliteschulen mit der Heimkinder-Problematik zu verbinden. Den Kirchen warf sie vor, sie versuchten weiter, Entschädigungszahlungen zu umgehen. An dem Protestzug beteiligten sich etwa 150 Menschen. Mit einer drei Meter hohen "Prügel-Nonne" mit Rohrstock und Kruzifix machten sie auf die Gewalt in kirchlichen Heimen aufmerksam. Einzelne Heimkinder schilderten auf Plakaten, was ihnen angetan worden war. Sie fordern die Anerkennung des ihnen zugefügten Leids als Menschenrechtsverletzungen sowie die Nachzahlung entgangener Renten und Hilfen für Therapien.
Rund 800.000 Kinder und Jugendliche lebten zwischen 1949 und Mitte der 70er Jahre in Heimen, rund 500.000 von ihnen in kirchlichen Einrichtungen. Viele von ihnen wurden misshandelt und zu harter Arbeit gezwungen.
Sondersitzungen zu Forderungen beantragt
Die Vertreter der ehemaligen Heimkinder am Runden Tisch haben eine Sondersitzung zu ihren Forderungen beantragt. Das Gremium, das noch bis Freitag tagt, befasst sich in seiner zweiten Sitzung in diesem Jahr mit den traumatisierenden Folgen der gewalttätigen Erziehungspraktiken und möglichen Hilfen. Das Treffen steht unter dem Vorzeichen der öffentlichen Diskussion über die Missbrauchsfälle an kirchlichen und anderen Schulen. Die Vorsitzende des Runden Tisches, die Grünen-Politikerin Antje Vollmer, hat einen Fonds für Traumatisierte ins Gespräch gebracht. Bei der Anlaufstelle des Runden Tisches für ehemalige Heimkinder berichtet jeder dritte Betroffene von sexuellen Übergriffen.
Der Runde Tisch zur Heimerziehung war Ende 2008 vom Bundestag beschlossen worden und nahm im Februar 2009 seine Arbeit auf. Er soll Ende dieses Jahres der Politik Empfehlungen für Entschädigungslösungen geben. Dem Gremium gehören Vertreter der Kirchen, der Wohlfahrtsverbände, von Bund und Ländern, Experten sowie Vertreter der früheren Heimkinder an.