Man sei sich einig darüber, dass vergangene Fälle sexuellen Missbrauchs in kirchlichen Einrichtungen "umfassend" und "entschlossen" aufgeklärt werden müssten, erklärten Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, am Donnerstag nach einem Treffen in Berlin.
Die Aufarbeitung geschehe in enger Zusammenarbeit der Kirche mit den staatlichen Stellen und den Betroffenen. Im Mittelpunkt der Aufarbeitung müssten immer die Opfer stehen. Ihnen sei großes Leid zugefügt worden. "Sie haben ein Recht auf eine ehrliche Aufklärung", hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung. Zollitsch sagte nach dem Treffen: "Es war ein gutes Gespräch. Wir haben die Fragen in Freundschaft und guter Partnerschaft besprochen."
Bereits im Februar vereinbart
Das Treffen war nach einem Streit zwischen der Ministerin und Zollitsch Ende Februar vereinbart worden. Leutheusser-Schnarrenberger hatte der katholischen Kirche mangelnde Kooperation mit staatlichen Strafverfolgungsbehörden bei der Aufklärung sexuellen Missbrauchs in den eigenen Reihen vorgeworfen. Zollitsch warf Leutheusser-Schnarrenberger damals maßlose Polemik vor und beschwerte sich bei Kanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel. Nachdem sich Leutheusser-Schnarrenberger in einem Schreiben an die Bischöfe gewandt und ihnen darin den Willen zur lückenlosen Aufklärung bescheinigt hatte, erklärte Zollitsch den Streit damals bereits für beendet.
Laut Mitteilung erläuterte Zollitsch der Ministerin am Donnerstag die Maßnahmen, die die katholische Kirche in jüngster Zeit ergriffen habe. Dazu zählten eine bundesweite kostenfreie Telefon-Hotline und der Einsatz unabhängiger Berater. Die Ministerin habe deutlich gemacht, dass innerkirchliche Maßnahmen die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen nicht verzögern oder behindern dürften. Dementsprechend müssten auch die Leitlinien der Bischofskonferenz geändert werden. Sie verpflichten die Kirche bisher nur bei einem erhärteten Verdacht und nicht verjährten Fällen, die Staatsanwaltschaft einzuschalten. Die Bischofskonferenz hat eine Überarbeitung angekündigt.
Rechtliche Folgen als Thema
Am Freitag nächster Woche nimmt ein Runder Tisch der Bundesregierung seine Arbeit auf, um die Missbrauchsfälle in kirchlichen und anderen Einrichtungen aufzuarbeiten. Eine Arbeitsgruppe unter Leitung der Justizministerin wird sich dabei mit den rechtlichen Schlussfolgerungen befassen. Die Bischofskonferenz will sich daran aktiv beteiligen. Thema soll neben der Durchsetzung des staatlichen Strafanspruchs auch die Frage sein, wie das Leid der Opfer in den Fällen, die bereits verjährt sind, "angemessen anerkannt" werden könne.
Der Papst erklärte am Donnerstag in einer Andacht im Vatikan vor Mitgliedern der Päpstlichen Biblischen Kommission: "Ich muss sagen, wir Christen haben, auch in der letzten Zeit, oft das Wort Buße vermieden." Angesichts der "Angriffe der Welt" auf die katholische Kirche "sehen wir, dass Buße tun können eine Gnade ist". Der Schmerz der Buße, das heiße der Reinigung und der Wandlung, bedeute auch Erneuerung und sei das Werk göttlicher Barmherzigkeit, ergänzte der Papst. Es gehe darum, anzuerkennen, was im Leben falsch gelaufen sei: "Sich der Vergebung öffnen, sich verändern lassen."
Kritik an Papst Benedikt XVI.
Die katholische Kirche war in den vergangenen Wochen verstärkt wegen der zahlreichen Missbrauchsfälle durch Priester in Irland, Deutschland und in den USA in die Kritik geraten. Wiederholt ist dem Vatikan dabei vorgeworfen worden, Missbrauchsfälle vertuscht und verschleppt zu haben. Auch Joseph Ratzinger geriet in die Kritik, weil viele Fälle aus der Zeit stammen, in der er Präfekt der zuständigen Glaubenskongregation war. Benedikt hat Missbrauch wiederholt scharf verurteilt und unter anderem in einem Hirtenbrief an die irischen Katholiken Transparenz und Vorbeugung verlangt.