"Liebe am Fjord: Sommersturm", 16. April, 20.15 Uhr im Ersten
"Der Gesang des Windes" hieß der erste Film aus der neuen ARD-Freitagsreihe "Liebe am Fjord" mit romantischen Melodramen aus Norwegen; sehr poetisch, keine Frage, aber ohne jeden Bezug zur Geschichte. Das gilt auch für das zweite Werk: Der Titel "Sommersturm" ist allenfalls metaphorisch zu verstehen. Aber selbst von einem "Sturm der Liebe" kann keine Rede sein, denn die Romanze ergibt sich eher zufällig: Als Karen (Susanna Simon) nach Jahren durch Zufall ihre Jugendliebe Rune (Harald Schrott) wiedertrifft, stellen sich auf Anhieb die alten Gefühle ein. Damals waren sie noch nicht reif genug für eine Beziehung, doch auch heute gibt es ein Hindernis: Rune, erfolgreicher Investment-Banker, will aussteigen und die Pferdezucht seines verstorbenen Onkels übernehmen. Im Überschwang der Emotionen schließt sich Karen an, und so steht dem gemeinsamen Glück am Ende der Welt nichts mehr im Wege. Fernsehen, Telefon und Internet gibt es zwar nicht, aber dafür hat das verliebte Paar eine atemberaubende Aussicht auf eine wunderschöne Landschaft. Aus heiterem Himmel beendet jedoch ein Sturz die traute Zweisamkeit: Rune rutscht beim Dachdecken ab; es ist fraglich, ob er je wieder gehen kann. Nun sieht Nachbar Lars (Martin Feifel) seine Chance: Er hat sich längst in Runes Freundin verliebt. Wie sie sich ihrem Schicksal stellt und allein den Hof bewirtschaftet, imponiert ihm erst recht. Als Rune aus dem Krankenhaus entlassen wird, ist er im Rollstuhl eher Last als Hilfe. Rasch wird ihm klar, was die wahren Gründe für Lars’ Hilfsbereitschaft ist; kurzerhand wirft er Karen hinaus.
Biblische Herausforderung führt Paar an Grenzen
Die Parallele zur ersten Geschichte ist offenkundig: Wie schon in "Gesang des Windes" wird eine Beziehung durch einen Schicksalsschlag auf die Probe gestellt. Die fast schon biblische Herausforderung führt das Paar an seine Grenzen, aber selbstredend erweist es sich letztlich als charakterfest. "Sommersturm" lebt allerdings dank der Arbeit auf dem direkt am Meer gelegenen Hof noch stärker von der zerklüfteten Landschaft. Das Drehbuch (Maria Solrun, Jörg Tensing) ergänzt die Handlung zudem immer wieder durch originelle Details, die den Figuren Tiefe verleihen; rührend ist etwa die Szene, als Karen versucht, frisch gefischten toten Fischen die Augen zu schließen.
Die Darsteller allerdings müssen für ihre Rollen nicht an ihre Grenzen gehen (Regie: Matthias Tiefenbacher). Auch für Kameramann Klaus Merkel mag es kein großes Kunststück gewesen sein, die Gegend rund um Kalvåg im norwegischen Nordosten von ihrer schönsten Seite zu zeigen; aber es ist ihm vortrefflich gelungen.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und die "Frankfurter Rundschau" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).