Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) zeigt sich bei der Aufarbeitung von Missständen in der Heimerziehung der 50er und 60er Jahre offen für die Suche nach einer Entschädigungslösung. "Die Kirchen werden sich diesem Gespräch nicht entziehen", sagte der amtierende EKD-Ratsvorsitzende Nikolaus Schneider am Donnerstag im Inforadio des RBB in Berlin. Problem sei allerdings eine fehlende rechtliche Grundlage für eine Entschädigung der Opfer.
Der Runde Tisch zur Aufarbeitung der Heimerziehung in den 50er und 60er Jahren kommt im Tagesverlauf in Berlin zu seiner siebten Sitzung zusammen. Die Vorsitzende des Runden Tisches, die Grünen-Politikerin Antje Vollmer, hat in der umstrittenen Entschädigungsfrage einen "Fonds für Traumatisierte" ins Gespräch gebracht.
Nicht immer sind seelische Wunden heilbar
Rund 800.000 Kinder und Jugendliche lebten zwischen 1949 und Mitte der 70er Jahre in Heimen, rund 500.000 von ihnen in kirchlichen Einrichtungen. Viele von ihnen wurden misshandelt und zu harter Arbeit gezwungen. Bei der Beratungsstelle des Runden Tisches hatten sich bis Februar dieses Jahres rund 450 Opfer gemeldet. Jeder dritte Betroffene berichtete von sexuellen Übergriffen.
Präses Schneider sprach von einem "sehr bedrückenden Kapitel" und nannte die Vorfälle "einfach erschreckend". In manchen Fällen werde es nicht mehr möglich sein, die seelischen Wunden zu heilen. Aber die Kirche habe die Pflicht, das Leid anzuerkennen und stelle therapeutische Hilfe zur Verfügung, wenn dieses möglich sei und gewünscht werde.
Der Runde Tisch zur Heimerziehung hatte im Februar 2009 seine Arbeit aufgenommen. Ihm gehören Vertreter der Kirchen, der Wohlfahrtsverbände, von Bund und Ländern, Experten sowie Vertreter der früheren Heimkinder an.