Canisius-Kolleg: Schutz von Missbrauchsopfern stärken
In der Debatte um Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche hat der Rektor des Berliner Canisius-Kollegs, Klaus Mertes, gefordert, die Opfer besser zu schützen.

Eine Stärkung von Opferschutz-Organisationen wäre ein großer Erfolg, sagte er am Donnerstag im Deutschlandradio Kultur. "Es ist wichtig, dass diese Themen überhaupt an uns herankommen", sagte der Jesuitenpater. Allerdings dürften nicht alle Lehrer und Priester unter Generalverdacht gestellt werden. Bei einem Treffen am Mittag wollten Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und der Vorsitzende der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, über das Thema Missbrauch sprechen.

Versöhnungsprozess langwierig

Für die Opfer sei besonders die strafrechtliche Aufarbeitung "äußerst schmerzlich", sagte Mertes. Auf der anderen Seite sei das Wissen darum, dass der Täter bestraft wird, wichtig für den Versöhnungsprozess der Opfer mit sich selbst, ihrem Leben und eventuell auch mit der Institution, in der sie verletzt worden seien. "Es ist eine entscheidende Voraussetzung für Versöhnung zu wissen, dass der Täter bestraft ist", betonte Mertes.

Als er die Missbrauchsfälle an seiner Schule öffentlich gemacht habe, habe er signalisieren wollen, dass er institutionell gesehen der richtige Ansprechpartner sei. "Der zentrale Gedanke, den ich hatte, war nicht der des Helfens, denn das steht mir nicht zu." Er habe durch die institutionelle Tradition einen inneren Bezug zu den Tätern, die vor 30 Jahren in seiner Schule ihre Missetaten vollbracht hätten. "Ich kann ja nicht einfach vor die Opfer, die sich bei mir melden, hintreten und sagen, ich habe damit nichts zu tun", so Mertes. Er trete ihnen systemisch gesehen auf der Täterseite entgegen, und es stehe dem Täter nicht zu, dem Opfer zu helfen. "Aber vielleicht hilft es dem Opfer, wenn der Täter einsieht, dass er Täter ist."

Das Ausmaß der durch ihn ausgelösten Debatte habe er sich nicht vorstellen können. "Ich hatte daran gedacht, dass es eventuell in der lokalen Presse ein paar Berichte gibt und dass ich dann in die konkrete Aufarbeitungstätigkeit sofort hineinsteigen kann und auf sie konzentrieren kann", sagte Mertes. Sein Verhältnis zur Kirche und zu seinem Orden sei von den Ereignissen vollkommen unberührt. "Das kann ich guten Gewissens sagen: Ich bin ganz und gar Katholik und Jesuit und bin stolz darauf, dass es uns gelingt, und wenn es uns gelingt, als katholische Kirche und als Jesuitenorden diese Dinge aufzuarbeiten."

epd