Petzen für einen besseren Job - tut man das?
Wenn sich zwei Freundinnen um die gleiche Stelle bewerben, ist das hart. Darf die eine aber Unvorteilhaftes über die andere petzen, um sich einen Vorteil zu verschaffen?

Beim Internetportal www.das-tut-man-nicht.de können Nutzer Fragen stellen, wenn sie sich nicht sicher sind, ob eine Angelegenheit in gesellschaftlicher, moralischer, ethischer, sozialer oder religiöser Sicht in Ordnung ist oder eben auch nicht. Experten beantworten die ausgewählten Fragen. Wir stellen jede Woche ein Problem samt Antwort zur Diskussion.

Die Frage:

Ich bin Teamleiterin in einem mittelgroßen Dienstleistungsunternehmen und habe mich auf die Abteilungsleiterstelle beworben. Leider hat sich meine beste Freundin und Kollegin - sie leitet ebenfalls ein Team - ebenfalls beworben. Seitdem hat sich unser Verhältnis dramatisch verschlechtert. Wir sind beide sehr ehrgeizig und jede will gewinnen. Nun habe ich etwas erfahren, was ihre Chancen dramatisch verschlechtern würde, wenn es bei den richtigen Leuten bekannt würde. Soll ich die Information nutzen? Tut man das?

Die Antwort: von Barbara Bierach. Sie leitete acht Jahre lang die Management- und Karriereberichterstattung der Wirtschaftswoche. Nach dem großen Erfolg ihres ersten Buchs "Das dämliche Geschlecht" machte sie sich 2002 als Autorin und Journalistin selbständig. Heute lebt sie in Sydney, Australien, wo sie für verschiedene namhafte deutsche und australische Medien arbeitet.

"Petzen ist ziemlich weit verbreitet – bei Menschen unter zehn. Kinder platzen gerne damit raus, was ein Geschwisterkind mal wieder angestellt hat. Reifere Menschen sind diskret und werden andere nur dann anschwärzen, wenn sie wirklich grob fahrlässig oder kriminell handeln. Sollten Sie Ihre Freundin beim Griff in die Kasse oder etwas ähnlich Schwerwiegendem ertappt haben, müssen Sie den Betrug melden. Aber nicht, weil damit Ihre Aussichten auf den erwünschten Job steigen, sondern weil Unterschlagung dem Unternehmen schadet.

Sollte das nicht der Fall sein und Ihre Freundin ist bloß gerade schwanger oder Mitglied in einer Partei, die ihr Chef nicht ausstehen kann, gilt es, mit fairen Methoden zu kämpfen. Wenn Sie wirklich meinen, dass Sie die bessere Kandidatin für den Job sind, dann wird es Ihnen auch gelingen, die Geschäftsleitung davon zu überzeugen. Suchen Sie das Gespräch mit den Vorgesetzten und verweisen Sie auf Ihre Fähigkeiten, Ihr Engagement und Ihre Erfolge in der Vergangenheit.

Sollten Sie den Job nämlich an Land ziehen, weil Sie die Kollegin angeschwärzt haben, passiert aller Wahrscheinlichkeit dreierlei: Erstens wird Ihnen der neue Rang keinen Spaß machen, weil Sie sich fragen werden, ob sie ihn wirklich zu recht erobert haben. Zweitens verlieren Sie eine Freundin - dass Sie die Beförderung auf Grund von Eignung gewonnen haben, wird sie Ihnen irgendwann verzeihen könnten, nicht aber eine Indiskretion. Drittens wird es im Unternehmen garantiert bekannt, dass Sie Ihr Schandmaul nicht halten können, denn wenn Sie petzen, tun andere das auch, bloß dass diesmal Sie im Zentrum des Geredes stehen werden. In Windeseile werden alle wissen, dass Sie ein Brutus sind. Damit ist der Vertrauensvorschuss, den Ihnen die Kollegen im neuen Job zubilligen, bei minus drei.

Mein Rat: Spielen Sie fair. Nicht nur, weil es ethischer ist, eleganter und eine Freundin schont, sondern aus Egoismus: Sie selber werden sich auf die Dauer wesentlich wohler fühlen, wenn Ihnen nicht schon morgens aus dem Spiegel eine Verräterin entgegen guckt."

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