Keine direkte Kopfpauschale im Gesundheitssystem
Die Bundesregierung will zwar Umstellungen bei der Finanzierung der Krankenkassen vornehmen, allerdings keine Kopfpauschale einführen. Auch höheren Beiträgen in diesem Jahr erteilte die Koalition eine Absage.

Die Regierungskoalition plant keinen "abrupten Systemwechsel" bei der Finanzierung des Gesundheitswesens. "Eine Prämienzahlung 'pro Kopf' wird es nicht geben", schrieben Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) und CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe in einem gemeinsamen Gastbeitrag für die "Welt am Sonntag". Gerade im Gesundheitswesen könnten Veränderungen nur schrittweise geschehen. Unterdessen dementierte die Bundesregierung einen Bericht über Überlegungen, den Beitragssatz in der gesetzlichen Krankenversicherung noch in diesem Jahr zu erhöhen.

Abkopplung von den Lohnkosten

Rösler und Gröhe erteilten der Umstellung des Gesundheitssystems auf ein reines Prämienmodell eine Absage. Vielmehr strebten die beiden Koalitionsparteien nur eine teilweise Umstellung des Systems an. Die Koalition will laut Rösler und Gröhe "verhindern, dass höhere Gesundheitskosten automatisch zu steigenden Lohnzusatzkosten führen und damit Arbeitsplätze gefährden."

Deshalb wolle die Koalition die Gesundheitskosten zumindest teilweise von den Arbeitskosten abkoppeln. Die Arbeitgeberbeiträge sollten begrenzt werden. Zudem solle ein Teil des einkommensbezogenen Arbeitnehmerbeitrags durch "eine Gesundheitsprämie mit sozialem Ausgleich" ersetzt werden. Die Krankenkassen sollten ihre jeweilige Prämie festlegen. Ein steuerfinanzierter Sozialausgleich stelle sicher, dass jeder Versicherte nur entsprechend seiner Leistungsfähigkeit an den Kosten beteiligt werde, so der Gesundheitsminister und der CDU-Generalsekretär.

Bundesinnenministerium und Bundesgesundheitsministerium dementierten unterdessen einen Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel", demzufolge Innenminister Thomas de Maizière (CDU) eine Erhöhung des Krankenkassenbeitrags noch in diesem Jahr angeregt hat. Das Hamburger Magazin hatte am Samstag vorab berichtet, de Maizière habe dies bei der ersten Sitzung der von der Regierung eingesetzten Arbeitsgruppe zur Gesundheitsreform Mitte März ins Spiel gebracht.

Erhöhter Steuerzuschuss in diesem Jahr

Spekulationen über Beitragssatzerhöhungen seien "völlig aus der Luft gegriffen", erklärte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums. Die Bundesregierung habe für dieses Jahr mit einem erhöhten Steuerzuschuss von insgesamt 15,7 Milliarden Euro dafür gesorgt, die Beiträge in der gesetzlichen Krankenversicherung zu stabilisieren. Die Regierung wolle darüber hinaus die Krankenkassenfinanzierung durch eine Reform des Systems für die Zukunft robuster machen. Die Regierungskommission erarbeite dazu entsprechende Maßnahmen. Der Kommission gehören neben Rösler und de Maizière sechs weitere Minister an.

Laut "Spiegel" schätzen Experten, dass die Krankenkassen 2011 auf ein Defizit in Höhe von 15 Milliarden Euro zusteuern, falls der derzeitige Beitragssatz von 14,9 Prozent nicht steigen wird. Viele Kassen mussten bereits in diesem Jahr Zusatzbeiträge bei ihren Mitgliedern erheben.

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag, Renate Künast, warf der Koalition "Tricksereien in der Gesundheitspolitik" vor. In der Regierungskommission würden Beitragserhöhungen in Betracht gezogen: "Aber niemand traut sich, das offen auszusprechen", sagte Künast. Die Zusatzbeiträge der Krankenkassen seien eine "Einstiegs-Kopfpauschale", so die Oppositionspolitikerin.

epd