"Satire darf nicht alles", lautete noch eine Überschrift einer Pressemitteilung des Deutschen Presserates vom 5. März. Das Magazin "Titanic" wurde für Zeichnungen zum Tod des Nationaltorhüters Robert Enke gerügt. Verschiedene Cartoons wurden "als die Menschenwürde verletzende Witzeleien über den Suizid eines Menschen" gewertet.
In seiner nächsten Sitzung am 27. Mai wird sich der Presserat nun erneut mit der "Titanic" auseinandersetzen müssen. Es lägen etwa 100 Beschwerden gegen das aktuelle Titelbild vor, sagte eine Sprecherin des Presserates evangelisch.de. Die Zeichnung, die einen Priester zeigt, der sich an der Lendengegend des gekreuzigten Jesus Christus zu schaffen macht, erregt also offenbar die Gemüter. Die Beschwerdeführer sähen vor allem die Ziffern 9, 10 und 12 des Pressekodex' verletzt, hieß es. Nach diesen Ziffern soll die Presse unter anderem auf Darstellungen verzichten, die Menschen in ihrer Ehre verletzen, religiöse Überzeugungen schmähen oder Menschen wegen ihrer Zugehörigkeit zu einer religiösen Gruppe diskriminieren.
Anzeigen bei der Staatsanwaltschaft
Nicht nur der Presserat, auch die Staatsanwaltschaft befasst sich mit dem Fall. Es lägen zwei Anzeigen vor, bestätigte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft Frankfurt. Der Vorwurf laute unter anderem auf "Beschimpfung einer Religionsgemeinschaft".
Einer der Anzeigeerstatter stammt nach evangelisch.de-Recherchen aus Wyk auf Föhr. Von dort stammt auch Ulrich Bork, der sich bei der Gruppe "Wir protestieren aufs Schärfste gegen das aktuelle Titanic Cover" beim sozialen Netzwerk Facebook äußert und dort unter anderem die Adresse der Staatsanwaltschaft Frankfurt postete. Auch andere Mitglieder der Gruppe, die inzwischen über 1.000 Mitglieder hat, äußern sich entsetzt. "Gerade in einem Miteinander verschiedener Kulturen und Religionen haben Menschen zu lernen, dass Werte, die bestimmten Religionsgemeinschaften wichtig und wert sind, nicht mit Absicht und Hinterlist in den Dreck getreten werden. Das ist keine Beschränkung der künstlerischen Freiheit, sondern ein respektvoller Umgang damit", lautet etwa ein Beitrag. Die "Titanic"-Redaktion selbst sieht sich inzwischen offenbar mit Anrufen erboster Christen konfrontiert.
Auch andere Meinungen
Ganz einhellig ist die Meinung über das "Titanic"-Cover aber offenbar nicht. "Wenn Gott wüsste, über was für einen Unsinn ihr euch hier aufregt, der würde sich in seinem Grab umdrehen!", heißt es in einem Beitrag, der ebenfalls bei Facebook zu lesen ist.
"Titanic"-Chefredakteur Leo Fischer äußerte sich gegenüber evangelisch.de zu den Anzeigen auf seine eigene Art: "Wir sind schockiert und entsetzt. Mit einer solchen Reaktion hatten wir nicht gerechnet. Insbesondere die Interpretation des Titels, auf der diese Anzeigen beruhen, sind für uns völlig unverständlich. Entschieden weisen wir die Position zurück, auf diesem Titel finde ein in irgendeiner Form sexuelles Geschehen statt. Dieser Vorwurf fällt auf die Ankläger und deren kranke, anstößige und jugendgefährdende Phantasien zurück. Auf diesem Titel ist ein Priester zu sehen, welcher sich einem Kruzifix in demutsvoller Andacht nähert - zu Zwecken der Anbetung oder aber zur Reinigung des heiligen Utensils, in jedem Fall aber zum sichtlichen Wohlgefallen des Heilands. Der symbolische Sinn ist klar: die Selbstreinigung der Kirche, die wir von ,Titanic' natürlich nach Kräften unterstützen. Wir werden alles tun, um Staatsanwaltschaft und Presserat von dieser Auffassung zu überzeugen und dieses schreckliche Missverständnis aus der Welt zu schaffen."
Henrik Schmitz ist Redakteur bei evangelisch.de und betreut die Ressorts Kultur und Medien.