Die Bibel - geschenkt (9): Ein großes, dickes Lexikon
Kein Zweifel: Die Bibel birgt auch manches Geheimnis. Das ist kein Wunder, wurden die ersten Texte doch schon vor rund 3.000 Jahren verfasst, die letzten vor über 1.800 Jahren. Dinge, die den damaligen Menschen selbstverständlich waren und nicht erläutert werden mussten, treffen bei heutigen Lesern auf Unverständnis.
07.04.2010
Von Ingo Schütz

Wer nicht gleich Theologie studieren möchte, um etwas tiefer in den Sinn der alten Texte einsteigen zu können, aber doch Interesse an biblischem Hintergrundwissen hat, für den bietet sich das "Große Bibellexikon" an. Fundiert, umfassend und knapp formuliert gibt es hier Informationen zu rund 3.000 Stichworten.

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Städte- und Ländernamen (Bahurim, Moab, Sepphoris ...) werden eingeordnet und auf Karten eingetragen. Kulturgeschichtliches aus der Umwelt der Bibel erläutern die über 150 international anerkannten Autoren (Niederschlagsmengen in Palästina, Kaiserkult, Milch, Bart – er zeugt von Lebenskraft und Schönheit der Männer, in 2. Samuel 19,25 wird auch der Schnurrbart bei einem Enkel des Königs Saul erwähnt). Theologische Begriffe (Freiheit, Rechtfertigung, Nachfolge) sind mit Erklärungen versehen.

Auch das Schmökern bietet sich in den beiden schweren Bänden an. Aus den zahlreichen Abbildungen, Karten, Fotos, Diagrammen und Tabellen lässt sich manch interessantes Detail entnehmen. So stellt man zum Beispiel anhand der übersichtlichen Grafik zur Abstammung Labans fest, dass der Sohn Abrahams die Enkelin seines Bruders geheiratet hat.

Schiffsmodelle aus dem Totentempel

Unter dem Stichwort "Schiffe/Boote" findet man nicht nur eine kurze kulturgeschichtliche Einleitung und ausführliche Listungen von Wasserfahrzeugen im Alten und Neuen Testament, sondern auch zahlreiche Bilder von Bootsdarstellungen aus verschiedenen Zivilisationen: Reliefs aus den Palästen Sanheribs und Sargons II., Modelle aus dem Totentempel Ramses’ III. von ca. 1175 v. Chr., Wandgemälde aus einem Grab in Theben, gemeißelte Bilder auf einem Steinsarkophag aus Tyrus, das Graffito eines christlichen Pilgers aus dem 2. bis 4. Jahrhundert in einer Jerusalemer Kapelle.

Auch theologisch bedeuten die Artikel, die nicht immer einfach und flüssig zu lesen sind, meist einen Gewinn. Bibelarbeiten kann man deshalb mit ihrer Hilfe gut vorbereiten. So verrät der Artikel über das "Weinen", dass im "Wehklagen ... das Bekenntnis enthalten [ist], daß die darin beklagten Dinge den Tod der Klagenden bedeuten."

Was Tränen wirklich sagen

"Dieses Bedrohtsein ist durch das Tränenvergießen ausgedrückt (oft im Zusammenhang mit 'vertrocknen'), denn 'im Stöhnen und Weinen ist nicht nur eine Gemütsbewegung zu sehen, sondern mit den aus inneren Quellen hervorströmenden Tränen verlassen Kräfte den Körper und mit dem Röcheln der Kehle entweicht Leben'".

Ehrliches Weinen als Ausdruck des Gefühls, dass etwas in einem stirbt – ein schöner, tragfähiger Gedanke, der sich durch diesen wissenschaftlichen Artikel erschließt. Speziell für das Neue Testament ergänzt der Autor: "Der vor Gott Weinende bekennt, von Gott abhängig zu sein, alles von ihm erwarten zu müssen, aber auch zu dürfen."

"So ist dieses W. 'ein Zugeben und Bejahen der Abhängigkeit von Gott'. (...) So ist auch die Seligpreisung der Weinenden zu verstehen (Lk 6,21.25, vgl. Joh 16,10) ... Das W. (...) impliziert die Gewissheit und Annahme des völligen Abhängigseins von Gott." Ein altbekannter Text erschließt sich dem Studierenden hier neu.

Immer wieder bieten die Artikel auch Hinweise zu weiter führender Literatur, so dass Interessierte in der theologischen Bibliothek leicht in die Tiefe dringen können. Mit rund 60 Euro ist das Werk im Vergleich auch recht erschwinglich, dürfte es doch auch lange Zeit halten.

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Fazit

Ein Problem dieses wie jedes Lexikons stellen die Zumutungen an Sprache und Lesbarkeit dar. Die Notwendigkeit kurzer und knapper Texte mit möglichst vielen Hinweisen auf Bibelstellen führt zu Formulierungen, die man oft erst beim zweiten Lesen versteht. Wer sich das große Bibellexikon zulegt, sollte davor nicht zurückschrecken. Menschen, die sich gerne durch eine Flut an Informationen zum eigenen Denken inspirieren lassen, wird dieses Lexikon gut tun.

Leseprobe

"Denken / Gedanken.
1. Gottes G. sind höher als unsere (Jes 55,8f) und haben die Welt geschaffen und regieren sie (Jes 14,24; 46,11). G. Gottes sind groß und köstlich (Ps 40,6; 139,17) und sehr tief (Ps 92,6).
Vornehmlich beschäftigen sich die G. Gottes mit dem Heil der Menschen. So sind das D. und die G. Gottes im AT wie im NT oft mit den Worten Friede und Barmherzigkeit verbunden (vgl. Jer 29,11; Hab 3,2; Lk 1,54).
Doch auch die Missetat der M enschen in Gegenstand der G. Gottes (Offb 18,5).
2. Zur Schöpfung des Menschen gehört als Gottesgabe auch das D. Mit dem Sündenfall verliert der Mensch jedoch die Möglichkeit, richtig und recht zu d. Dem natürlichen Wesen der Menschen entsprechen böse, sündige G. (Mt 9,4; 15,19). Aus den bösen G. gegen unsere Mitmenschen (Ps 41,8; Sach 7,10) wachsen böse Taten. Gott ergründet auch die verborgensten G. (Ps 94,11; 139,2).
3. Im engeren Sinn bedeutet das D. in der Hl. Schrift bisweilen: etwas beabsichtigen, sich vornehmen (Jer 20,9; Mt 3,9 u.ö.)."

Bewertung

 

       Originalität     

       Lesbarkeit      

       Cool-Faktor    

       Handgepäck   

       Grafik             

       Inhalt              

 

Bestellinformationen

"Das große Bibellexikon"

Brockhaus-Verlag, 1. Auflage 2009, ISBN: 341726300X

2 Bände, 1740 Seiten, 59,95 Euro

 


 Ingo Schütz ist Diplom-Theologe und angehender Pfarrer.