Ostergruß des Papstes - Schweigen zu Missbrauch
Papst Benedikt XVI. hat "der Stadt und dem Erdkreis" seinen traditionellen Ostergruß übermittelt. Auf die Missbrauchsskandale in der katholischen Kirche ging er dabei nicht ein. Vatikanische Medien warnten vor "Propaganda" gegen die Kirche.

Die Menschheit erlebe derzeit eine "Krise, die tiefe Veränderungen verlangt", sagte er am Sonntag auf dem Petersplatz beim traditionellen Segen "Urbi et Orbi" (der Stadt und dem Erdkreis). Der Dekan des Kardinalskollegs, Angelo Sodano, hatte zu Beginn der Ostermesse mit dem Papst betont, das "Volk Gottes" lasse sich nicht vom "Geschwätz des Augenblicks" beeindrucken. In Anwesenheit von Zehntausenden Pilgern und Touristen sprach Benedikt XVI. nach der Ostermesse bei strömendem Regen Glückwünsche in 65 Sprachen.

Gleichzeitig forderte der Papst eindringlich ein Ende der Konflikte in Afrika und im Nahen Osten. Er äußerte die Hoffnung auf "einen wahren und endgültigen Auszug aus Krieg und Gewalt zum Frieden und zur Eintracht". Im Hinblick auf Lateinamerika beklagte das Kirchenoberhaupt, dass "Kriminalität im Zusammenhang mit Rauschgifthandel gefährlich zunimmt". Gleichzeitig sprach Benedikt den Überlebenden der verheerenden Erdbeben in Haiti und Chile Mut für den Wiederaufbau mit internationaler Hilfe zu.

Christenverfolgung in Pakistan

Besonderes Augenmerk legte der Papst in seiner weltweit im Fernsehen übertragenen Osteransprache auf Christenverfolgungen in Pakistan. Er äußerte die Hoffnung, dass Länder, die von Terrorismus und religiösen Diskriminierungen betroffen sind, "Wege des Dialogs und des friedvollen Zusammenlebens einschlagen".

In der vorangegangenen Nacht hatte der Papst in Anwesenheit von Tausenden von Pilgern im Petersdom die traditionelle Ostervigil gehalten. Dabei hatte er beklagt, die moderne Medizin wolle den Menschen "immer mehr und längeres Leben geben". Wenn es gelänge, den Tod "endlos hinauszuschieben, ein Alter von mehreren hundert Jahren zu erreichen", würde die Menschheit "überaltern, für Jugend würde es keinen Platz mehr geben".

"Verleumderische Attacken"

Die Vatikanzeitung "Osservatore Romano" bezichtigte unterdessen internationale Medien, "grobe Propaganda gegen den Papst und die Katholiken" zu verbreiten. Bischöfe und Kardinäle aus aller Welt verteidigten demnach in ihren Predigten während der Osterzeit das Kirchenoberhaupt gegen "verleumderische Attacken und eine diffamierende Kampagne".

Der Pariser Kardinal André Vingt-Trois sieht in den Vorwürfen wegen des Umgangs mit sexuellem Missbrauch durch Kleriker der Vatikanzeitung zufolge eine "Offensive zur Destabilisierung des Papstes". Der Vorsitzende der Spanischen Bischofskonferenz, Antonio María Rouco Varela, sprach in Madrid von dem derzeit "so sehr beleidigten und angegriffenen" Papst. Benedikt wurde in den vergangenen Wochen von Kritikern immer wieder vorgehalten, dass er als Erzbischof von München und Freising und in den 90er Jahren als Chef der römischen Glaubenskongregation die Aufarbeitung von Missbrauchsfällen verschleppt habe.

Der Erzbischof von Mexiko-Stadt, Norberto Rivera Carrera, beklagte der Vatikanzeitung zufolge "Lügen und Bösartigkeiten wegen einiger unehrlicher und verbrecherischer Priester". Der Erzbischof von Lima, Kardinal Juan Luis Cipriani, prangerte eine Misshandlung der Kirche durch "Feinde", "mangelnden Respekt" und "demonstrativen Zynismus" an.

Der päpstliche Hausprediger Raniero Cantalamessa bat unterdes um Entschuldigung für seinen aus dem Brief eines jüdischen Freundes zitierten Vergleich zwischen dem Holocaust und Vorwürfen wegen Missbrauchsskandale gegen den Vatikan. Vatikansprecher Federico Lombardi hatte sich wenige Stunden, nachdem Cantalamessa während der Karfreitagsliturgie in Anwesenheit des Papstes den Vergleich gezogen hatte, von der Äußerung distanziert.

epd