Bundesrichter: Ohne Deutsch keine Einreise
Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl kritisiert die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, dass Ausländern ohne deutsche Sprachkenntnisse auch weiterhin die Einreise verweigert werden. Diese seit 2007 im deutschen Aufenthaltsgesetz festgehaltene Regelung verstoße nicht gegen das Grundgesetz, entschied der 1. Senat des höchsten deutschen Verwaltungsgerichts in Leipzig.

Die Regelung gelte auch für Härtefälle und diene der Integration sowie der Verhinderung von Zwangsehen, so das Gericht. Die Richter wiesen damit die Revision in einem Verfahren zurück, in dem es um das Einreisebegehren einer Türkin ging (Az.: BverwG 1 C 8.09). Der Analphabetin wurde die Einreise wegen mangelnder Deutschkenntnisse verweigert. Die Frau wollte gemeinsam mit ihren fünf Kindern zu ihrem Mann nach Deutschland einreisen. Der Mann lebt seit 1998 in Deutschland und hat seit 2006 auch einen Aufenthaltstitel, weil er zuvor fünf Jahre mit einer Deutschen verheiratet war.

2006 habe er dann die Mutter seiner Kinder aus der Türkei geheiratet, die von der Botschaft in Ankara mit Verweis auf das Aufenthaltsgesetz bisher kein dauerhaftes Visum für einen Aufenthalt in Deutschland erhalten hatte. Nach dem Gesetz müssen sich Migranten "zumindest auf einfache Art in deutscher Sprache verständigen" können. Demgegenüber habe die Frau betont, dass ihr aufgrund ihres Analphabetismus und der Situation in ihrem türkischen Heimatdorf das Erlernen der Sprache unmöglich gewesen sei, so das Gericht.

Dagegen betonten die Leipziger Richter, dass die Frau auch in der Türkei "einschließlich einer vorausgehenden Alphabetisierung" innerhalb eines Jahres die geforderten Deutschkenntnisse erwerben könne. Außerdem bestehe für die Frau die Möglichkeit, eine Aufenthaltserlaubnis "zum Zwecke des Spracherwerbs" zu beantragen.

Pro Asyl: Enttäuschende, familienfeindliche Regelung

Die Verweigerung des Visums sei auch mit dem im Grundgesetz gewährten Schutz von Ehe und Familie vereinbar, begründete das Gericht, weil ein Zusammenleben der Ehepartner "regelmäßig nur für einen überschaubaren Zeitraum verhindert" werde. Auch sei nach Ansicht der Richter dem in Deutschland lebenden Mann eine Rückkehr in die Türkei zuzumuten. Dort habe die Familie auch nach seiner Ausreise in den 90er Jahren ihren Lebensmittelpunkt beibehalten.

Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum Einreiseverbot für Ehepartner mit mangelnden Deutschkenntnissen heftig kritisiert. Es sei enttäuschend, dass eine "derart familienfeindliche Regelung" bestätigt wurde, sagte Pro-Asyl-Referentin Marei Pelzer am Mittwoch in Frankfurt am Main. Für die Betroffenen bedeute dies, "dass sie weiterhin mit den Zumutungen des deutschen Familiennachzugsrechts leben müssen".

Pro Asyl kritisierte, dass der Besuch eines Deutschkurses für viele Flüchtlinge in ihrer Heimat "utopisch" sei. Oftmals lägen hunderte Kilometer Distanz zwischen Wohnort und einem Goethe-Institut. Zudem sei der Weg in Ländern wie Irak, Iran oder Afghanistan teilweise sehr gefährlich.

epd