ZDF: Peter Frey will "sichtbarer Chefredakteur" sein
Der neue ZDF-Chefredakteur Peter Frey will sich politischem Einfluss verwehren und den Imageschaden des Senders reparieren, unter dem das ZDF seit der "Causa Brender" leidet.
31.03.2010
Von Daniel Bouhs

Der neue ZDF-Chefredakteur hat eine genaue Vorstellung davon, was er anpacken will. Peter Frey, der an diesem Donnerstag die zehn Jahre umfassende Ära des Nikolaus Brender beendet, hat mit der Virtualität des "heute"-Studios genauso Probleme wie mit der inhaltlichen Ähnlichkeit vieler ZDF-Magazinsendungen. Der 52-Jährige will aber besonders in einem Punkt die Tradition seines Vorgängers wahren - und ein "Bannerträger der Unabhängigkeit" sein.

Brender geht, Frey kommt

Ginge es nach Intendant Markus Schächter, hätte Brender seinen Hut nicht nehmen müssen. Doch Brender, der am Dienstag in der ZDF-Zentrale auf dem Mainzer Lerchenberg verabschiedet wurde, stieß bei der unionsnahen Mehrheit des ZDF-Verwaltungsrats auf Missfallen. Nach Ansicht von Frey, der zuletzt das ZDF-Hauptstadtstudio leitete, ist es keine "persönliche Belastung", dass er unter diesen Umständen zu seinem neuen Job kam. Das Thema werde ihn aber verfolgen.

Brender hatte ein internes "Spitzelsystem" kritisiert und gesagt, es gebe unter den ZDF-Redakteuren "Inoffizielle Mitarbeiter" der Parteien, die diese mit Senderinterna versorgten. Frey sagt nun, das Wort "Zuträger" stimme, das Wort "System" hingegen nicht. Der neue Chefredakteur spricht dabei von einer "historischen Wahrheit" und angesichts der jüngsten Vorgänge vom ZDF als einem "Sender auf Bewährung". Der sei "inzwischen aber politikferner als früher". Von sich selbst sagt Frey, gegen politische Einflussnahme immun zu sein: "Ich fühle mich absolut frei, jedem jede Frage zu stellen, die nötig ist."

Sendungen auf den Prüfstand stellen

Anders als Brender, der journalistisch im WDR groß wurde, ist Frey ein ZDF-Gewächs. Er wurde in Bingen geboren, das in der Nähe von Mainz liegt - und ist dort noch immer verwurzelt. Zwar arbeitete er während seines Studiums (Politik, Pädagogik und Spanisch) zunächst für den SWR und die "Frankfurter Rundschau". Zum Mainzer Sender wechselte er aber bereits 1983. Zunächst war er beim "heute-journal", später wurde er persönlicher Referent des damaligen Chefredakteurs Klaus Bresser. Auf dem Weg zum Chef des Hauptstadtstudios lagen Stationen als USA-Korrespondent, als Chef des "Morgenmagazins" und als Leiter der Redaktion Außenpolitik.

Die ZDF-Chefredaktion kümmert sich um alle Informationsformate des Senders. Dazu zählen neben der Aktualität auch die Dokumentationen und Reportagen des Senders, die Magazinsendungen sowie politische Talkshows und Sport. Als Chefredakteur wird Frey mit Thomas Bellut um Sendezeiten ringen müssen, der als Programmdirektor für Unterhaltungsformate wie "Wetten, dass..?", Spielfilme und Serien, aber auch für einige Talksendungen wie "Markus Lanz" zuständig ist.

Frey will alle Sendungen seines Bereichs auf den Prüfstand stellen. Schon jetzt wisse er, dass "viele Magazine dasselbe machen, nur unter unterschiedlichen Titeln". Viele regelmäßige Sendungen hätten sich in den vergangenen Jahren beträchtlich angenähert. Das wolle er ändern und den Magazinen eigene Profile verpassen. Die teils über Jahrzehnte gewachsenen Marken - vom Verbrauchermagazin "Wiso" bis zum Frauenmagazin "Mona Lisa" - will er aber erhalten: "Ich glaube daran, dass sich die Formate von sich aus erneuern können."

"Mehr Aufmerksamkeit schaffen"

Probleme hat Frey mit dem neuen Nachrichtenstudio, aus dem die aktuellen Sendungen wie "heute" und "heute-journal" seit Herbst 2009 senden. "Ich honoriere die enorme Leistung und dass wir einen großen Sprung nach vorne gemacht haben", sagt er. "Ich bin aber mit dem Produkt nur eingeschränkt zufrieden." Bei dem 30 Millionen Euro teuren Studio habe er den Eindruck, dass sich die Moderatoren "gegen die neue Technik behaupten müssen, obwohl die Technik eigentlich die Moderatoren unterstützten sollte".

Außerdem will Frey "mehr Aufmerksamkeit schaffen". Dafür sollen einige Moderatoren wie Marietta Slomka und Claus Kleber häufiger auch außerhalb ihrer Hauptsendungen zu sehen sein. Der neue Chefredakteur kündigt überdies an, selbst auf dem Schirm Präsenz zu zeigen: "Ich werde ein sichtbarer Chefredakteur sein." Denkbar sei, der zuletzt nur selten ins Programm gehobenen Sendung "Was nun?" mehr Leben einzuhauchen und auch Kommentare häufiger als bisher zu senden. "Ich denke aber auch an neue Formate, in denen ich selbst eine Rolle spielen könnte", sagt Frey.

epd