Hamburgs Sekten-Expertin Ursula Caberta hofft mit Ausstrahlung des TV-Dramas "Bis nichts mehr bleibt" auf einen neuen Anlauf für ein Scientology-Verbot. "Vielleicht hilft der Film ja, eine neue öffentliche Diskussion über ein Verbot von Scientology anzustoßen", sagte sie der "Leipziger Volkszeitung" (Mittwoch). Der an diesem Mittwoch in der ARD laufende Film (20.15 Uhr) zeigt, wie eine junge Familie immer tiefer in die Scientology Organisation eintaucht. Es handelt sich um einen fiktiven Fernsehfilm, der aber auf dem wahren Fall eines ums Sorgerecht kämpfenden Hamburger Ex-Scientologen sowie Berichten weiterer Ex-Mitglieder fußt. Scientology hat der ARD wegen des Films bereits eine Diskriminierungskampagne vorgeworfen.
Caberta sagte, der Spielfilm leiste einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung über die Methoden von Scientology. Es werde zum ersten Mal in Deutschland in einem Spielfilm dargestellt, wie Scientology wirklich funktioniere. "Es wurden im Film Original-Materialien von Scientology verwendet, deshalb gibt es ja auch keine Klage gegen den Film. Die merken, sie haben gegen die Veröffentlichung keine Chance." Caberta betonte, wer öffentlich gegen Scientology ankämpfe, werde in deren System zum Feind erklärt. "Er gilt als vogelfrei und soll vernichtet werden. Das macht schon Angst."
Caberta ist eine bundesweit bekannte Sektenexpertin und kämpft in der Hamburger Arbeitsgruppe Scientology, die der Innenbehörde der Hansestadt unterstellt ist, seit Jahren gegen die Organisation, die sich selbst als Kirche bezeichnet. Scientology wirft ihr regelmäßig Verleumdungen und Verdrehungen der Tatsachen vor. Es gab schon mehrere Prozesse mit unterschiedlichem Ausgang.
Es gibt aber noch weitere Experten, die sich für ein Verbot stark machen. Ein Land müsse den Anfang machen und couragiert gegen Scientology vorgehen, sagte der frühere Direktor von Scientology Österreich, Wilfried Handl, am Dienstag in Berlin. "Bis nichts mehr bleibt" läuft am Mittwoch im Ersten.
Einblicke in Strukturen
Als Argumentationshilfe für die Behörden stellte Scientology-Aussteiger Handl einen Band über das Innenleben der Organisation vor. Unter dem Titel "Das wahre Gesicht von Scientology" enthält das Buch auf 284 Seiten originale Scientology-Dokumente, die weitgehend auch als Faksimile abgedruckt sind. Handl will damit einen Einblick in die Kommando-Strukturen und die Okkult-Ideologie der Organisation geben.
Das Buch beinhaltet auch einen als "vertraulich" zu behandelnden "Richtlinienbrief" von 1968. Darin nennt Scientology-Gründer L. Ron Hubbard folgende Ziele: "Kontrollübernahme oder Ergebenheit wichtiger politischer Persönlichkeiten", "Kontrollübernahme oder Ergebenheit der Leiter oder Eigentümer aller Nachrichtenmedien". Auch die Absicht, "den Feind bis zum Punkt der völligen Auslöschung seiner Popularität berauben", gehört dazu.
Der Sektenbeauftragte der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Thomas Gandow, sagte, die ARD-Dokumentation sei kein "normales Aussteigerbuch", sondern ein Sachbuch über ein "menschenfeindliches faschistisches System". Er kritisierte zugleich die "ständige Verharmlosung Scientologys in den Medien" und die Unentschlossenheit der deutschen Politik, ein Verbotsverfahren zu prüfen.