Muss der zum Weltkulturerbe zählende Speyerer Dom demnächst Signalleuchten tragen, damit Flugzeuge ihn besser sehen können? Und würde die Beleuchtung seinen Welterbe-Status gefährden? Diese Frage treibt eine Speyerer Bürgerinitiative und die Grünen um. Hintergrund sind die von beiden kritisierten Pläne zum Ausbau des Speyerer Flugplatzes - und die neue Erkenntnis, dass der fast 1.000 Jahre alte Dom vom Meeresspiegel aus gemessen höher ist als bisher angenommen. Die Grünen haben nun die Organisation Icomos Deutschland alarmiert, die die UNESCO in Sachen Welterbestätten berät.
Bundesverwaltungsgericht muss entscheiden
Der Präsident von Icomos Deutschland, Michael Petzet, will den Fall unter die Lupe nehmen. Mit Blick auf den Fall des Dresdner Elbtals, dem wegen eines Brückenbaus der Welterbe-Status aberkannt wurde, sagt er aber auch: "Das ist kein Fall wie die Dresdner Brücke." Er sehe den Welterbe-Status in Speyer wegen der neuen Erkenntnisse zur Domhöhe nicht gleich gefährdet. Aber: "Wir müssen darauf hinweisen, dass das nochmal zu prüfen ist."
Der Dom liegt etwa 250 Meter westlich von der Anfluggrundlinie des Flugplatzes, die Osttürme ragen am Rand der Einflugschneise auf. Die Start- und Landebahn des Flugplatzes soll um rund 450 Meter nach Süden verlängert werden, damit der Platz höhere Sicherheitsanforderungen für den Geschäftsreiseverkehr erfüllt. Bislang gibt es nach Angaben der Flugplatz-GmbH rund 30.000 Flugbewegungen pro Jahr, mit einem Zuwachs wird gerechnet. Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) und ein Bürger klagten gegen die Pläne, das Oberverwaltungsgericht (OVG) in Koblenz wies die Klage aber weitgehend ab. Nun muss das Bundesverwaltungsgericht entscheiden.
Grüne und Bürgerinitiative laufen Sturm
Neue Nahrung erhielt der Streit, als die Grünen via "Google Earth" für die Osttürme des Doms eine Höhe von 182 Metern über "Normalnull" ermittelten - eine deutliche Differenz zum Planfeststellungsbeschluss des Landesbetriebs Mobilität, der von 171 Metern ausging. Der Aufsichtsratschef der Flugplatz Speyer/Ludwigshafen GmbH, Rüdiger Beyer, bestätigt, dass die 171 Meter nicht stimmen.
Das Luftamt habe inzwischen eine Turmhöhe von 178,30 Metern ermittelt, ein von der "Bürgerinitiative Lebensqualität statt Flugplatzausbau Speyer" beauftragter Vermessungsingenieur kam auf genau 178,56 Meter. Auch der Landesbetrieb Mobilität spricht inzwischen von 178 Metern. Grüne und Bürgerinitiative laufen Sturm: "Es kann nicht sein, dass auf der Grundlage von solchen falschen Zahlen eine Genehmigung erfolgt", kritisiert die Grünen-Bundestagsabgeordnete Tabea Rößner. Sie spricht von "Skandal" und will im Kulturausschuss des Bundestags darüber reden.
Das Bistum schweigt
Der Chef der Bürgerinitiative, Willi Weinerth, fordert, der Fall müsse "nochmal aufgerollt werden". Die Osttürme ragten wesentlich höher in die An- und Abflugfläche als vom OVG angenommen. Damit die Piloten sie im Dunkeln sehen könnten, müssten sie ein Signallicht erhalten. Fraglich ist aus Sicht der Ausbaugegner, ob dies mit den UNESCO-Vorgaben in Einklang steht. Weinerth hat auch Sicherheitsbedenken. Denn in Speyer fliegen die Piloten auf Sicht.
Der Landesbetrieb Mobilität sieht aber keine Gefahr für den Welterbe-Status. Auch hätten die neuen Erkenntnisse zur Höhe keinen Einfluss auf die Ausbaugenehmigung. "Alle festgelegten und praktizierten An- und Abflugarten führen in einem deutlichen Seitenabstand am Dom vorbei", erklärt die Behörde. Auch die Stadt fürchtet nach Angaben eines Sprechers nicht um den Welterbe-Status. "Wir sehen diese Bedenken im Verfahren ausgeräumt." Das Bistum schweigt. "Das Domkapitel hat sich bisher immer rausgehalten", sagt ein Sprecher.