EU will Kinderporno-Seiten sperren lassen
Die EU-Kommission will die europäischen Staaten zur Sperrung kinderpornografischer Internetseiten verpflichten. Ein ähnliches Gesetz gibt es bereits in Deutschland, das derzeit allerdings ruht.

Die Zahl von Kinderporno-Seiten nehme immer weiter zu, warnte Innenkommissarin Cecilia Malmström am Montag in Brüssel bei der Vorstellung eines Richtlinienentwurfs. Die EU-Behörde will den Ländern freistellen, auf welche Weise sie den Zugang zu den kriminellen Web-Angeboten blockieren. Rechtliche Bestimmungen müsse es aber geben: "Die Opfer werden immer jünger, die Bilder immer eindeutiger und gewalttätiger."

Mit dem Vorschlag stellt sich die Kommission gegen die schwarz-gelbe Regierung in Berlin, die sich auf eine Löschung kinderpornografischer Seiten anstelle einer Sperrung verständigt hat. Auch Brüssel wolle kriminelle Seiten nach Möglichkeit ganz aus dem Netz verbannen, unterstrich Malmström. Dies sei aber schwierig, da die Server häufig nicht in Europa ständen. Der Kommissionsentwurf sieht eine ganze Reihe von Maßnahmen gegen den Missbrauch von Kindern vor. Unter anderem soll das Betrachten einschlägiger Internet-Angebote auch dann bestraft werden, wenn die Dateien nicht heruntergeladen werden.

Zurückhaltung in Berlin

Malmström wandte sich bei der Präsentation ihrer Vorhaben gegen Einwände, dass Internet-Sperren zum Einfallstor für staatliche Zensur werden könnten. Es gehe darum, Kinder und ihre Grundrechte zu schützen: "Kinderpornografie fällt unter keinen Umständen unter die Redefreiheit." In Skandinavien, Italien und Großbritannien gebe es schon Blockierungssysteme, die in der Praxis gut funktionierten, unterstrich die schwedische Politikerin. "Tausende von Zugriffsversuchen werden täglich gestoppt."

Der deutsche Regierungssprecher Christoph Steegmans äußerte sich in Berlin zurückhaltend zum Vorschlag der EU-Kommission. Das geplante deutsche Gesetz zur Löschung gehe über den EU-Vorschlag hinaus, sagte er. Mit der Regelung erfülle die Bundesregierung automatisch EU-Recht. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) werde sich auf EU-Ebene für den Grundsatz "Löschen statt sperren" stark machen, sagte der Sprecher des Justizministeriums, Ulrich Staudigl. Die Beratungen seien jedoch noch in einem "frühen Verhandlungsstadium".

Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl, nannte den Brüsseler Vorschlag dagegen "wegweisend". In der geltenden Koalitionsvereinbarung sei auf Wunsch der FDP für ein Jahr auf den Vollzug von Sperren für kinderpornographische Internetseiten verzichtet worden, sagte er. Allerdings könne die Löschung solcher Seiten oft nicht oder nicht schnell genug erfolgen, so dass auch die Sperrung eine geeignete Maßnahme sei.

Besser löschen als sperren

Der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco e.V. erklärte, der Kommissionsvorschlag sei "überflüssig". Es sei möglich, auf das Löschen solcher Inhalte hinzuwirken, selbst wenn diese aus dem Ausland kämen, so der Verband. Von "gefährlichem Pseudo-Aktionismus" sprach der Arbeitskreis gegen Internet-Sperren und Zensur. Die Täter würden damit in Wirklichkeit geschützt. Besser sei der von der neuen Bundesregierung eingeschlagene Weg, Seiten mit einschlägigen Inhalten zu vernichten, so die Organisation gegenüber dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Dienstagausgabe).

Die EU-Kommission will den sexuellen Missbrauch von Kindern von mehreren Seiten her bekämpfen. So sollen die Strafen für solche Verbrechen europaweit erhöht werden. Neue Formen des Missbrauchs wie das "Grooming" - Kontaktaufnahme zu Kindern via Internet zum Zwecke des sexuellen Missbrauchs - werden ebenfalls geahndet. Sextouristen müssen sich nach ihrer Rückkehr auf EU-weite Verfolgung gefasst machen.

Personen, die qua Gerichtsurteil bei ihrer Arbeit nicht mehr mit Kindern in Kontakt kommen dürfen, müssen diesen künftig auch im EU-Ausland fernbleiben. Die EU-Kommission legte außerdem einen zweiten Gesetzvorschlag vor, der auf eine bessere Bekämpfung des Menschenhandels abzielt.

epd