Die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) drehte in der vergangenen Nacht mal wieder an den Uhren. Punkt zwei Uhr sind alle Funkuhren automatisch auf drei Uhr gesprungen. Dafür sorgte ein schon vor Wochen programmiertes Signal des Zeitsenders in Mainflingen bei Frankfurt am Main. Alle anderen Uhren müssen per Hand umgestellt werden. Nun bleibt es morgens länger dunkel und abends länger hell. Am 31. Oktober, dem Reformationstag, werden die Uhren wieder eine Stunde zurück auf die Normalzeit (Mitteleuropäische Zeit MEZ) gestellt.
Die Zeitumstellung in Deutschland feiert in diesem Jahr ihren 30. Geburtstag. "Und in all den Jahren ist noch nie etwas schiefgegangen", sagte Jens Simon von der PTB. Die Bundesanstalt mit Sitz in Braunschweig ist unter anderem für die gesetzliche Zeit in Deutschland zuständig. In Frankreich wurden die Uhren schon einige Jahre früher verstellt, als Folge der Ölkrise 1973 sollte so in den Betrieben und den Haushalten Energie gespart werden. Im Jahr 1994 wurden die unterschiedlichen Regelungen zur Sommer- und Normalzeit in der Europäischen Union vereinheitlicht. Sie gilt seitdem mit kleinen Ausnahmen wie den Kanaren oder den Azoren in allen EU-Mitgliedsstaaten.
Es gibt sogar ein Zeitgesetz
Zwei Mal im Jahr werden in Deutschland und weiten Teilen Europas die Uhren jeweils eine Stunde vor- oder zurückgestellt. Das ist gesetzlich festgeschrieben - im Zeitgesetz der Bundesrepublik Deutschland. Auch die beiden Tage für die Umstellung sind genau festgelegt: jeden letzten Sonntag im März werden die Uhren um eine Stunde vorgedreht, es gilt die Sommerzeit. Sie bleibt bis zum letzten Sonntag im Oktober aktuell. Dann springen die Zeiger um 60 Minuten zurück, und es gilt wieder die Normalzeit, die im Volksmund auch Winterzeit genannt wird.
Als die Sommerzeit eingeführt wurde, galt die Überzeugung, dass durch eine bessere Nutzung des Tageslichts Energie gespart werden könne. Hintergrund dieser Überlegung waren unter anderem die Nachwirkungen aus der Zeit der Ölkrise von 1973. Laut Erkenntnissen des Bundesumweltamtes spart man zwar während der Sommerzeit abends elektrisches Licht, allerdings werde dafür morgens mehr geheizt - vor allem in den kalten Monaten März, April und Oktober. Insgesamt steige der Energieverbrauch dadurch sogar an. Das bedeutet, das wesentliche Argument für die Zeitumstellung hat sich in sein Gegenteil verkehrt.
Thema für die Politik
Auch für Politiker ist die Zeitumstellung deshalb immer wieder ein Thema. Derzeit beschäftigt sich auch die FDP in Niedersachsen damit. "Ob heute das alte Argument für die Energieeinsparung bei einer Umstellung auf Sommer- beziehungsweise Winterzeit jedoch noch gilt, ist fraglich. Am Ende muss es einen gemeinsamen europäischen Weg geben", sagte der FDP-Fraktionsvorsitzende im Landtag in Hannover, Christian Dürr.
Die Deutsche Bahn sieht in der Umstellung keine Schwierigkeiten: "Für die Bahn ist die Zeitumstellung Routine", sagte ein Sprecher des Unternehmens. Probleme habe es noch nie gegeben. Mehr als 50 Nachtzugverbindungen sind betroffen. Güterzüge werden soweit möglich schon eine Stunde früher auf die Reise geschickt, bei Personenzügen fallen eventuelle nächtliche Aufenthalte aus oder die Züge kommen wegen der Zeitumstellung zu spät an. Etwa eine Stunde dauert es, bis alle 120.000 Bahnhofsuhren die neue Zeit anzeigen. Das PTB-Signal wird zunächst von 2.500 Hauptuhren empfangen, die die aktuelle Zeit dann an alle 120.000 Nebenuhren im Bahnbereich weitergegeben.
Vor oder zurück?
Bei den Menschen dürfte eine der meist gestellten Fragen in diesen Tagen lauten: "Werden die Uhren nun eine Stunde vor oder zurück gestellt?" Manchen hilft die Eselsbrücke: Im Sommer treibt man die Kühe vor den Stall, im Herbst zurück. Die Zeitumstellung bringt nach Ansicht von Wissenschaftlern die innere Uhr aus dem Rhythmus. Dies berge gesundheitliche Risiken, sagte der Frankfurter Mediziner Horst-Werner Korf in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur (dpa).
"Die körperlichen Auswirkungen können bis hin zu vegetativen Störungen gehen, also Veränderungen von Puls und Blutdruck", erklärte Korf. Schläfrigkeit und ein eingeschränktes Konzentrationsvermögen treten vor allem beim Chronotyp der "Eulen" - also Langschläfern - auf. Es gebe Untersuchungen, die belegen, dass es am Montag nach der Zeitumstellung vermehrt zu Verkehrsunfällen komme.
Der Regensburger Psychologe Jürgen Zulley fordert sogar die Abschaffung der Zeitumstellung. Die Sommerzeit sei nicht nur überflüssig, sondern auch schädlich, sagte Zulley der Wochenzeitung "Die Zeit". "Es würde unserer Biologie eher entsprechen, in der Winterzeit zu bleiben." Neue Untersuchungen zeigten, dass sich die Zeitumstellung nicht nur kurzfristig negativ auf die Gesundheit auswirkt - vielmehr störe sie sieben Monate lang bis zum Anfang der Winterzeit die innere Uhr einer Mehrheit der Bevölkerung.
"Richtig gewöhnen werden wir uns daran nie", weiß auch der Münchner Chronobiologe Till Roenneberg aus seinen Forschungen über den Schlaf-Wach-Rhythmus. Die Sommerzeit sei ein "von oben diktierter Eingriff in unser biologisches Zeitsystem", sagte er der "Zeit".