Seit zwei Jahren durchläuft sie jetzt ihre Ausbildung zur Hauswirtschaftshilfe in dem Ausbildungscafé „KleinerGrünauer“ und parallel in der Großküche der Heilpädagogischen/therapeutischen Einrichtung Grünau-Heidequell, die zum Ev. Johanneswerk gehört. Als erste Auszubildende hat sie jetzt erfolgreich – mit durchweg guter Leistung – ihre Zwischenprüfung bestanden.
„Wir sind sehr stolz“, sagt die pädagogische Leiterin des Cafés, Catrin Zurheide: „Das zeigt uns, dass das Konzept des Cafés „Klei-nerGrünauer“ aufgeht. Unsere Jugendlichen, die teilweise schwerste seelische Probleme haben, bekommen einen Perspektive und das Café läuft sehr gut!“
Klassischer Schick mit modernen Linien
Die Stiftung Ursula und Alfred Kleiner hatte 2008 das historische Gebäude an der Wenkenstraße 1 im Herzen von Bad Salzuflen gekauft, liebevoll restauriert und umgebaut. Klassischer Schick mit modernen Linien, so lädt das Café seit dem November des Jahres zum Klönen und Verweilen ein. Die hohen Wände sind in blassem Grau gehalten, das einen Kontrast zu dem warmen, dunkeln Holzboden bildet. Die langen Vorhänge in Kombination mit Sesseln in blau-grauen Karostoffen und schlichtem Grau verleihen dem Café Gemütlichkeit.
„Es soll hier hochwertig aussehen und schmecken. Wir wollen nicht den Stempel einer sozialen Einrichtung bekommen, sondern unseren Besuchern ein anderes Ambiente und Qualität bieten“, sagt Zurheide. Und die Besucher wissen diese Qualität zu schätzten: Ohne Reservierung ist es schwierig einen Platz zu bekommen, das Café ist zu den Stoßzeiten mittags und nachmittags durchweg voll besetzt.
Wohnen und Arbeiten unter einem Dach
Zur Zeit werden drei Hauswirtschaftshelfer und eine Fachkraft im Gastgewerbe im Café „KleinerGrünauer“ ausgebildet. Eine Jahrespraktikantin schnuppert zudem in den Arbeitsalltag rein. Das Ausbildungscafé kooperiert mit der Großküche von Grünau, dem Maritim-Hotel und den Restaurants Alexandra und Il Faro.
Isabell Kreft hat 2007 mit einem Jahrespraktikum angefangen. „Das habe ich in der Großküche in Grünau gemacht, wo ich jetzt auch teilweise während meiner Ausbildung arbeite“, erklärt die zurückhaltende junge Frau. Erst, wenn sie von ihrer Arbeit spricht, taut sie langsam auf und erzählt vom Spaß, den sie dabei hat.
Zum Nachtisch ein Himbeer-Sahne-Dessert
„Am liebsten bin ich in der Küche“, sagt sie. Kochen sei mittlerweile zu einer Leidenschaft geworden und so überrascht sie ihre Kollegen auch schon mal mit Tortellini in Käse-Sahne-Soße und Himbeer-Sahne-Dessert. Aber auch Zimmerpflege, Waschen und Bügeln gehört zu ihrer Ausbildung.
Mit den anderen Auszubildenden Madelene Lässig, Dennis Pukallus, Anika Schöning und Jahrespraktikantin Lana Wourtsakis arbeitet Isabell Kreft nicht nur zusammen, sondern teilt sich auch eine Wohnung direkt über dem Café. „Wir verfolgen hier ein ganzheitliches Konzept“, erklärt Zurheide, die nicht nur pädagogische Leitung, sondern auch ein Stück Ersatz-Mutter ist.
Selbständigkeit lernen
Sie ruft morgens um 5.20 Uhr bei den Jugendlichen an, um zu kontrollieren, dass alle aufgestanden sind und sich für den Arbeitstag oder die Schule fertig machen. „Die Jugendlichen sollen Selbstständigkeit lernen, was für sie schwierig ist“, erklärt sie: „Die WG ist ein erster Schritt ins Leben.“
Servicepersonal mit Doppelqualifikation
Vor ihrer Ausbildung lebten die Jugendlichen in der heilpädagogisch/therapeutischen Einrichtung Grünau-Heidequell. Sie alle haben eine schwierige Kindheit erlebt und lernen in Grünau ihre Traumata zu bewältigen und in die Zukunft zu blicken. „Das ist nicht leicht.
Besonders die Konfrontation mit den vielen Menschen in der Berufsschule oder dem Hotelbetrieb überfordert die sensiblen Jugendlichen schnell. Da ist unser Feingefühl gefragt“, sagt Zurheide. Zu Anfang hatte auch Kreft Angst vor den großen Berufsschulklassen in Bielefeld-Gadderbaum.
"Jetzt werden sie mit der Realität konfrontiert"
„Unsere Jugendlichen waren vorher in dem geschützten Raum einer Förderschule untergebracht, jetzt werden sie mit der Realität konfrontiert“, erklärt Zurheide. Mittlerweile geht Kreft aber gerne zur Schule und schafft auch das Lernpensum gut. „Manchmal ist es ganz schön anstrengend. Früh aufstehen, zur Schule fahren, arbeiten, lernen – aber ich mache das gerne“, sagt Isabell.
Das besondere im Café „KleinerGrünauer“ ist, dass die Angestellten eine Doppelqualifizierung in Service und Pädagogik haben und den Auszubildenden Rückhalt geben können auf ihrem Weg in ein selbstbestimmtes Leben. Auch Kreft hat jetzt eine Perspektive: Sie möchte einen guten Job finden, am liebsten in einer großen Küche. „Aber mit meine Freunden abends ins Kino zu gehen, ist immer noch schöner als Arbeiten“, sagt sie und lächelt schüchtern. Ein Jahr geht ihre Ausbildung noch. Was dann kommt, weiß sie noch nicht. „Das lass ich auf mich zukommen“, sagt sie.