Für die Zukunft sollten die Verjährungsfristen für Entschädigungsansprüche verlängert werden, bekräftigte sie am Mittwoch im ZDF-"Heute Journal". Rückwirkend gehe eine solche Änderung juristisch aber nicht. "Aber da kann man sich ja auch auf freiwilliger Basis verständigen, dass zum Beispiel für Therapien auch in der zurückliegenden Zeit entsprechende Entschädigungen gezahlt werden", sagte sie. "Das ist ja jeder Institution auch bei Verjährungsfristen unbenommen hier sich entsprechend einzubringen und auf was zu verständigen. So haben wir es in anderen Staaten ja auch erlebt."
Hoffnung: Mehr Präventionsprojekte
Als Reaktion auf die gehäuften Missbrauchsfälle in Schulen und kirchlichen Einrichtungen hatte das Bundeskabinett am Mittwoch einen Runden Tisch beschlossen, der am 23. April seine Arbeit aufnehmen soll. Außerdem wurde die frühere Bundesfamilienministerin Christine Bergmann (SPD) als Missbrauchsbeauftragte eingesetzt. Der Runde Tisch soll die bekanntgewordenen Fälle aufarbeiten und helfen, weitere Übergriffe für die Zukunft zu verhindern.
Sie hoffe, dass ein Ergebnis des Runden Tisches sein werde, dass mehr Geld in Präventionsprojekte wie das an der Berliner Charité fließe, sagte Leutheusser-Schnarrenberger. In dem Projekt, das vom Bundesjustizministerium mitfinanziert wird, werden pädophile Männer behandelt. Sie wolle die Unterstützung in den nächsten Jahren fortführen. "Wir brauchen natürlich im Haushalt 2011 dazu entsprechende Mittel." Es handele sich um relativ geringe Beträge, derzeit 250.000 Euro im Jahr, die aber ganz große Wirkung hätten. "Von daher hoffe ich, dass dazu relativ schnell eine Entscheidung kommt. Denn die Therapien dauern länger als ein dreiviertel Jahr. Sonst würde schon in diesem Jahr es dazu führen, dass man nicht mehr vielen Männern helfen kann", sagte die Ministerin.
Odenwaldschule: "Hätten mehr fragen müssen"
Im Missbrauchsskandal an der südhessischen Odenwaldschule hat die scheidende Vorsitzende des Trägervereins des privaten Internats, Sabine Richter-Ellermann, eingeräumt, 1999 nicht ausreichend gehandelt zu haben. "Heute ist mir natürlich klar, dass wir mehr hätten fragen müssen", sagte die 66-Jährige der "Frankfurter Rundschau" (Donnerstag). "Es stimmt: Man hat es damals nicht für möglich gehalten, dass da mehr Personen betroffen waren." 1999 war der Skandal um Ex-Rektor Gerold Becker erstmals publik geworden.
Der Vater eines Missbrauchsopfers fordert Becker in dem Blatt auf, sein Testament zugunsten seiner Opfer zu ändern. In einem Brief an Becker, aus dem die "FR" zitiert, heißt es: Da die sexuellen Übergriffe Beckers straf- und zivilrechtlich verjährt seien, solle dieser über eine andere Form der Wiedergutmachung nachdenken. "Vielleicht überlegen Sie, ob es nicht nach moralischem Recht geboten ist, dass Sie eine freiwillige Schmerzensgeldzahlung allen Ihren Opfern anbieten." Becker hatte am vergangenen Freitag die ihm zu Last gelegten Sexualverbrechen eingeräumt.