Entwicklungshilfe: Der Schwanz soll nicht mit dem Hund wedeln
Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) macht Tempo bei der Fusion der staatlichen Entwicklungsorganisationen. Die geplante neue Einheit soll ihre Arbeit bereits zum 1. Januar nächsten Jahres aufnehmen, teilte Niebel am Mittwoch in Berlin mit. Im Juli werde er dem Kabinett ein entscheidungsfähiges Konzept für den Zusammenschluss von GTZ, DED und Inwent vorlegen.

"Wir können stolz sein, dass wir in fünf Monaten weitergekommen sind als andere in elf Jahren", sagte Niebel in Anspielung auf die frühere Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD), die mit ihrer Reform der staatlichen Entwicklungsorganisationen scheiterte.

Zuvor hatte Niebel Eckpunkte seiner Reform dem Kabinett vorgelegt. Demnach sollen die Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), der Deutsche Entwicklungsdienst (DED) und die Weiterbildungsgesellschaft Inwent zu einer Organisation mit rund 14.000 Mitarbeitern weltweit verschmelzen. Offen sind noch Namen, Rechtsform, Dienstsitz und Tarifstruktur. Die KfW Entwicklungsbank, die finanzielle Zusammenarbeit in Form von Krediten und Zuschüssen an Entwicklungsländer betreibt, ist in die Fusionspläne nicht einbezogen.

Niebel will mit der Entwicklungshilfe wedeln

Niebel sagte, die neue Organisation sei stärker aufgestellt als die drei einzelnen zuvor. Sie beziehe auch Wirtschaft und Zivilgesellschaft mit ein und bekämpfe nicht nur Armut, sondern vor allem auch Bildungsarmut. Ziel sei, die Steuerung der neuen Institution durch die Bundesregierung zu stärken und die Entwicklungshilfe effektiver und sinnvoller einzusetzen.

Niebel verwies auf das geflügelte Wort, dass der Schwanz (die Entwicklungsorganisationen) mit dem Hund (dem Ministerium) wedele. "Dieses Bild wollen wir umkehren", betonte er. Das Ministerium habe mit einer klaren Auftragsvergabe die politische Entscheidungsgewalt. Dafür erhalte die neue Organisation mehr Freiheiten in der Durchführung der Aufträge.

Der Minister machte zudem deutlich, dass es durch die Reform keinen Personalabbau geben werde. Vielmehr solle das Entwicklungsministerium personell verstärkt werden: "Wir werden aus der grauen Armee der 60 eingekauften GTZ-Experten im Ministerium eigene Mitarbeiter machen." Um die bilaterale Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern zu stärken, sei mehr Personal notwendig.

"Zusammenschluss auf Augenhöhe"

Bisher hat das Ministerium 600 Beschäftigte. Der Haushalt des Ministeriums umfasst sechs Milliarden Euro. Die GTZ hat ihren Sitz in Eschborn, DED und Inwent sind in Bonn. Niebel sagte, auch künftig könne man zwei Dienstsitze haben.

Die Vielfalt und die Expertise der drei Organisationen soll laut Niebel auch bei einer Fusion aber erhalten bleiben. Dass der Zusammenschluss auf Augenhöhe erfolge, werde sich auch im neuen Namen widerspiegeln. "Die Reform ist kein Kunstprojekt von oben, sondern wird mit den Betroffenen gemeinsam erarbeitet." Gesucht werde auch noch nach einem "identitätsstiftenden Geschäftsmodell", die neue Organisation solle jedoch gemeinnützig bleiben.

Drittgeschäfte für andere Auftraggeber wie die Vereinten Nationen, wie dies beispielsweise bei der GTZ üblich ist, sollen trotzdem weiter möglich sein. "Von der Privatwirtschaft wird hier jedoch Wettbewerbsverzerrung befürchtet", sagte Niebel. Man denke daher bei bestimmten Vorhaben über Ausschreibungen nach, um allen Anbietern gleiche Chancen zu bieten.

Opposition kritisiert Reform

Zurückhaltend zeigte sich der Entwicklungsminister gegenüber der Zusammenführung mit der KfW, die finanzielle Zusammenarbeit mit Entwicklungsländern in Form von Krediten und Zuschüssen betreibt. "Ich will eine Fusion der neuen Organisation mit der KfW Entwicklungsbank nicht ausschließen", sagte Niebel. Diese Zusammenführung sei jedoch sehr komplex. Zudem stelle sich die Frage, ob die politische Steuerung dafür beim Entwicklungs- oder beim Finanzministerium liege.

In den Parteien gibt es unterschiedliche Reaktionen. Die Vorsitzende des Entwicklungsausschusses des Bundestags, Dagmar Wöhrl (CSU), begrüßte Niebels Pläne als gute Arbeitsgrundlage. Die Opposition steht der Reform kritisch gegenüber. Bei der Neuordnung der Entwicklungspolitik müsse die Aufspaltung in technische und finanzielle Zusammenarbeit überwunden werden, sagte die entwicklungspolitische Sprecherin der Grünen, Ute Koczy.

Auch Sascha Raabe, entwicklungspolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, warf Niebel Halbherzigkeit vor, da die KfW Entwicklungsbank außen vor bleibt, obwohl sie ein größeres Finanzvolumen habe als die anderen drei Organisationen zusammen. Statt einem großen Wurf gebe es nur ein laues Reförmchen, sagte er.

epd