Lufthansa-Piloten wollen erneut ihre Muskeln zeigen
Der Verhandlungsfrieden währte nur einen kurzen Monat, jetzt droht wieder Streikchaos bei der Lufthansa. Bei Europas größter Fluggesellschaft sind die Fronten im Tarifkonflikt mit den Piloten erneut aufgebrochen. Es geht nicht um mehr Geld, sondern um die Sicherung der Arbeitsplätze.
23.03.2010
Von Christian Ebner

Wieder kündigt die Vereinigung Cockpit (VC) einen viertägigen Streik an, falls die Lufthansa nicht auf ihre Forderungen eingeht. Vom 13. bis 16. April könnten sich die Ereignisse vom Februar an Deutschlands Flughäfen wiederholen. Der Osterreiseverkehr bleibt von dem Arbeitskampf dagegen unberührt.

Ob es tatsächlich zum Streik kommt, war am Montag aber noch mehr als ungewiss. Deutlich haben die Piloten zu erkennen gegeben, dass sie ihre Drohkulisse als Ultimatum betrachten, auch wenn derzeit keine weiteren Gesprächstermine vereinbart sind. Man wolle dem Top-Management ausreichend Zeit einräumen, "seinen bisherigen Kurs neu auszurichten", erklärte die kleine, aber kampfstarke Pilotengewerkschaft wörtlich.

Keine Urabstimmung notwendig

Eine neue Urabstimmung für den Streik benötigt die Vereinigung nicht, schließlich ist der Arbeitskampf vom Februar ausgesetzt und nicht etwa beendet worden. Nach nur einem von vier angekündigten Streiktagen waren die Piloten nach dem 22. Februar in ihre Kabinen zurückgekehrt, als gefühlte Verlierer eines Vergleichs vor dem Frankfurter Arbeitsgericht, der grundsätzliche Probleme aber nicht aus dem Weg räumen konnte. An der Streikfähigkeit der Piloten bestand nach dem Streiktag und rund 50 Millionen Euro Verlust für die Lufthansa andererseits auch kein Zweifel mehr.

Vorrangiges Ziel der VC blieb die Sicherung und Fortentwicklung der Arbeitsplätze, die dem Konzerntarifvertrag unterliegen. Nach dessen lukrativen Bestimmungen fliegen rund 4.500 der 8.900 Piloten im Konzern. Dass ihr Anteil nicht weiter absinkt und künftiges Wachstum nicht nur bei den billigeren Töchtern und zugekauften Airlines stattfindet, ist zentrales Ziel der Gewerkschaft. Dazu gehört auch die fast 18 Jahre alte Vereinbarung, wonach Piloten von Jets mit mehr als 70 Sitzen nach dem Konzerntarifvertrag bezahlt werden müssen.

Berufliche Perspektive fraglich

Für die jüngeren Copiloten geht es auch um die berufliche Perspektive - bei einem dauerhaften Schrumpfkurs würden ihre Chancen auf einen Kapitänsposten ebenfalls leiden. "Eine bloße Arbeitsplatzgarantie für die bereits Eingestellten reicht uns nicht aus", stellte der VC-Tarifexperte Markus Germann klar. Mehr hat das Unternehmen bislang aber nicht angeboten.

Auf der anderen Seite hat die Lufthansa im Zeichen der Krise im vergangenen Jahr kräftige Verluste eingeflogen, vor allem bei der teuren Passage-Tochter und im Frachtgeschäft. Am Himmel brachten lediglich die durchsanierte Mustertochter Swiss und der Billigflieger Germanwings positive Ergebnisbeiträge, während hinter dem traditionellen Geschäftsmodell der Lufthansa mit ihren hohen Premium- Zuschlägen immer mehr Fragezeichen auftauchten.

Tarifrecht in Deutschland und Italien

Die Probleme mit den Piloten waren nach der Frankfurter Gerichtsverhandlung eben nicht vom Tisch, wenn auch Richterin Silke Kohlschitter den Piloten eine wichtige Forderung aus der Hand geschlagen hatte. Deutsches Tarifrecht gelte nun mal nicht in Italien, daher müsse die Gewerkschaft auf die Forderung millionenschwerer Ausgleichszahlungen verzichten - auch wenn in den Jets der Tochter Lufthansa Italia Piloten säßen, die nicht nach dem Konzerntarif bezahlt werden. Bislang war dies aber noch nie der Fall.

In den Verhandlungen, die zunächst einmal über die vereinbarte Zweiwochenfrist hinausgingen, ging es dann aber doch wieder um Lufthansa Italia und andere grundsätzliche Entscheidungen, bei denen die Piloten nach wie vor mitreden wollen. Nach einem Monat offensichtlich fruchtloser Bemühungen hat die Gewerkschaftsführung um Präsident Winfried Streicher und Tarifkommissionschef Thomas von Sturm nun die nächste Eskalationsstufe gezündet.

dpa