Missbrauch: Rheinische Kirche bittet um Verzeihung
Die Evangelische Kirche im Rheinland hat sich bei den Opfern von sexuellem Missbrauch in ihren Einrichtungen entschuldigt. In den vergangenen Wochen hatten sich acht Betroffene gemeldet.

Die Frauen und Männer hätten von Gewalt und Erniedrigungen in Einrichtungen der rheinischen Kirche berichtet, sagte Vizepräses Petra Bosse-Huber am Montag in Düsseldorf: "Wir sind beschämt und entsetzt, dass solche Übergriffe offenbar auch in Einrichtungen unserer Landeskirche und ihrer Diakonie stattgefunden haben. Wir bitten die Opfer um Verzeihung!"

Nach Angaben der zweitgrößten evangelischen Landeskirche betreffen fünf Fälle Nordrhein-Westfalen, drei Rheinland-Pfalz, darunter auch ein Fall in einem kirchlichen Internat. Obwohl die jetzt bekanntgewordenen Fälle bereits Jahrzehnte zurückliegen, würden die Vorwürfe sehr ernst genommen, unterstrich Bosse-Huber. Sie verwies auf ein Verfahren zum Umgang mit Missbrauchsopfern, dass die Landeskirche 2003 eingeführt hatte. Es bietet Opfern Hilfe und Beratung und regelt die disziplinarische sowie strafrechtliche Verfolgung der Täter.

Vorwurf: mangelnde Unterstützung

Die bayerische evangelische Landeskirche bestätigte unterdessen einen Bericht der Magazinsendung "Mona Lisa" (ZDF), in dem eine Frau sexuelle Übergriffe eines evangelischen Pfarrers geschildert und der Kirche mangelnde Unterstützung vorgeworfen hatte. Der Pfarrer habe sich Mitte der 1980er Jahre gegenüber dem damals 14-jährigen Mädchen Grenzverletzungen zuschulde kommen lassen, sagte die Chefjuristin der Landeskirche, Oberkirchenrätin Karla Sichelschmidt, am Montag am Rande der in Weiden tagenden Landessynode. Die Aufnahme eines Disziplinarverfahrens gegen den Pfarrer werde geprüft.

Unterdessen wird in Deutschland nach der Veröffentlichung des Hirtenbriefes von Papst Benedikt XVI. zu den Missbrauchsfällen in der irischen Kirche mehr Aufklärung angemahnt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüße, dass der Papst Fragen der Wiedergutmachung und der Prävention offen angesprochen habe, sagte ein Regierungssprecher am Montag in Berlin. Die Opfer und die Gesellschaft bräuchten "Wahrheit und Klarheit" bei der Aufarbeitung. Der Papst habe das Schreiben als Hirte der Weltkirche verfasst. Was er sage, gelte universell. Benedikt XVI. habe den Missbrauch an Kindern und Jugendlichen klar verurteilt und ebenso den Umgang der Kirche mit den Fällen und den Tätern.

"Alles muss auf den Tisch"

Der deutsche Kurienkardinal Walter Kasper sprach sich für eine konsequente Aufklärung der Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche aus. "Alles muss auf den Tisch", die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden, sagte Kasper am Sonntagabend am Rande der bayerischen evangelischen Landessynode in Weiden. Der Missbrauchsskandal sei für die Kirche vor allem eine Vertrauenskrise, so Kasper weiter. Die Kirche werde lange brauchen, bis sie das Vertrauen wieder zurückgewinnen werde.

Der Sprecher der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Matthias Kopp, verteidigte den Hirtenbrief des Papstes gegen Kritik. Es sei nicht nachvollziehbar, woher diese "völlig unhaltbaren Forderungen" kommen, der Papst müsse auch etwas zu Deutschland sagen, sagte Kopp am Montag im ZDF-"Morgenmagazin". Der Generalsekretär des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Stefan Vesper, begrüßte den Hirtenbrief als "Rückendeckung für alle, die sich in Deutschland für Aufklärung und Klärung der ganzen Vorfälle einsetzen". Es sei "ein sehr starker Text", so Vesper im Deutschlandfunk.

Kritik an Müllers Medienschelte

Die Medienschelte des Regensburger katholischen Bischofs Gerhard Ludwig Müller im Zusammenhang mit der Berichterstattung über den Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche stieß bei prominenten Kirchenvertretern auf Unverständnis. Sowohl der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Alois Glück, als auch der Vizepräses der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Günther Beckstein, distanzierten sich von Müllers Äußerungen.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) bezeichnete die Kritik Müllers an der Berichterstattung über die Missbrauchsfälle als "skandalöse Polemik". Unterdessen wies das Bistum Regensburg die Vorwürfe zurück. Dies sei "eine fälschende Verzerrung der Aussagen" des Regensburger Bischofs, erklärte das Bistum. Müller hatte den Medien eine "Kampagne gegen die Kirche" vorgeworfen und die Berichterstattung in die Nähe der kirchenfeindlichen Haltung der Nationalsozialisten gerückt.

epd