Es gibt Metaphern für eine solche Situation. "Aus Matsch Marmelade machen" zum Beispiel. Oder "Locken auf der Glatze drehen". Diese Rolle fiel am Freitag erneut Regierungssprecher Ulrich Wilhelm zu. Er musste den versammelten Journalisten zum wiederholten Mal erklären, dass es noch nichts zu erklären gibt.
Am Sonntagabend kommen die Partei- und Fraktionsspitzen von CDU/CSU und FDP im Kanzleramt zusammen. Der Ausgang des Koalitionsgipfels ist - wieder einmal - offen. Klar ist nur, dass Schwarz-Gelb händeringend nach einem Rezept sucht, um wieder Handlungsfähigkeit zu zeigen und die drohende Niederlage der gleichfarbigen Regierung in Nordrhein-Westfalen bei der Landtagswahl am 9. Mai abzuwenden.
Eine Flut von Spekulationen
Es gibt eine Flut von Spekulationen - aus den Parteien gestreut -, wie das geschehen soll. Über die Gesundheitsreform hört man immer neue Varianten. Wilhelm dementierte erneut, dass die Steuerreform vorgezogen, der Umfang der Steuerentlastungen deutlich reduziert und am Sonntagabend darüber gesprochen werden soll.
Dabei wirkte der für seine Höflichkeit und Professionalität allseits geschätzte Regierungssprecher ausnahmsweise einmal genervt. "Ich kann kein Ende der Debatte für die Koalitionsparteien verkünden. Das ist nicht meine Rolle." Und: "Ich habe keinen Anlass, zu spekulativen Diskussionen Stellung zu nehmen", versuchte er zumindest regierungsoffiziell einen Schlusspunkt zu setzen.
Nun ist von einem Bündel von Maßnahmen die Rede. Dabei geht es dem Vernehmen nach mehr um Symbolik als um Geld. Denn erstens - Wilhelm verwies erneut darauf - gelten die Koalitionsvereinbarungen. Und darin sei nun einmal der Finanzierungsvorbehalt für alle Maßnahmen verankert. Zweitens hat der Bundestag gerade am Freitag den Bundeshaushalt 2010 mit der Rekordverschuldung von 80 Milliarden Euro verabschiedet. Das bedeutet eher Kleckern als Klotzen beim Geldausgeben. Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) versäumte es auch nicht, erneut auf die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse hinzuweisen, die den Spielraum der Regierung zusätzlich einengt.
Der große Wurf wird kaum kommen
Beschlüsse über Steuerentlastungen in Höhe von knapp 20 Milliarden Euro soll es erst im Lichte der Steuerschätzung Anfang Mai geben - zu spät also, um den Wahlausgang in NRW am 9. Mai damit noch groß zu beeinflussen. Spät genug aber, um die Wahlchancen nicht weiter zu verschlechtern, könnte man auch meinen. Denn man muss kein Finanzexperte sein, um die Äußerungen von Schäuble bis Wilhelm als Warnung zu verstehen, dass der von der FDP erhoffte große Wurf mit Steuerentlastungen kaum kommen kann.
Die FDP sieht es schon länger als politischen Kardinalfehler an, die heiklen Steuerentscheidungen auf die Zeit nach der NRW-Wahl zu vertagen. Andererseits blockierten die Liberalen bislang jeden Versuch, die Steuerpläne zu ändern, das Volumen der Entlastung vor allem für die Mittelschicht zu reduzieren oder auf mehrere Stufen zu verteilen. NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers (CDU), der nach der Sponsoring-Affäre in seinem Landesverband mit deutlichen Verlusten rechnen muss, drängelt aber: Er will das Berliner Steuerkonzept möglichst bald auf dem Tisch haben - allerdings ohne Belastungen für die Kassen der Gemeinden.
Am Montag jedenfalls kommen die Gremien der Koalitionsparteien von CDU, CSU und FDP zu getrennten Sitzungen in Berlin und München zusammen. Die CDU sogar mit einem Kleinen Parteitag, die FDP mit ihrem Bundesvorstand. Vielleicht hat der Regierungssprecher dann etwas zu verkünden. "Die Willensbildung der Parteien ist der Bundesregierung vorgeschaltet" - öffnete er am Freitag bei allen Dementis noch eine Hintertür.