"Tatort: Hundeleben", 22. März, 20.15 Uhr auf NDR
Sozialthemen sind von jeher ein Markenzeichen der Kölner "Tatort"-Beiträge. In diesem Film werden die Missstände in Seniorenheimen angeprangert: viel zu wenig Pflegepersonal, viel zu viele alte Leute, eine anregungsarme Einrichtung und eine geldgierige Leiterin. Prompt spielt die Aufklärung des Mordfalls fast nur noch eine Nebenrolle. Schauspielerin Nina Hoger (die Tochter von Hannelore) hat mit "Hundeleben" ihr erstes Drehbuch geschrieben, dabei allerdings einen typischen Debütfehler begangen: Jede Nebenfigur erlebt ihr eigenes Drama. Eine Pflegerin kann keine Kinder bekommen, hat aber trotzdem ein komplett eingerichtetes Kinderzimmer; ihre Kollegin wird von ihrem Mann, einem cholerischen Schnäppchenverkäufer, geschlagen, weil die Ärztin des Heims ihr angeblich feministische Flausen in den Kopf gesetzt hat; die Ärztin wiederum lebt ganz für ihren Beruf, hat aber ein Verhältnis mit dem Gatten der ungewollt kinderlosen Pflegerin.
Mit Helga Göring und Antoine Monot jr.
Und wie der Zufall so spielt: In just dieses Heim mit dem schaurig-schönen Namen "Abendrot" hat Schenck (Dietmar Bär) gerade erst seine Großmutter (Helga Göring) eingeliefert. Die macht für die Oma eines Mittvierzigers zwar einen viel zu jungen Eindruck, aber sie ist ja auch bloß Vorwand, um den Polizisten als personifiziertes schlechtes Gewissen herumlaufen zu lassen. Entsprechend fallen die Vorwürfe vom Kollegen Ballauf (Klaus J. Behrendt) aus. Kein Wunder, dass in diesem Krimi alle schlechte Laune haben. Als die Ärztin des Heims eines Tages erschlagen im Park gefunden wird, gibt es Verdächtige zuhauf, allen voran die eifersüchtige Pflegerin (Anneke Kim Sarnau) und der Ehemann (Antoine Monot jr.) ihrer Kollegin. Außerdem sind in dem Heim in letzter Zeit überdurchschnittlich viele Insassen gestorben; womöglich ist die Ärztin einer Pflegemordserie auf die Spur gekommen.
Schenck nächtigt im Polizeirevier
Vor allem die Darsteller der Senioren sind durch die Bank ausgezeichnet. Ganz besonders zu erwähnen sind Otto Mellies als Charmeur und Rudolf Wessely als Witwer, der das Altenheim für eine Raumstation hält, die auf die Erde stürzt; trotzdem gibt ausgerechnet er immer wieder versteckte Hinweise auf den Mörder. Das Titeltier ist übrigens der Hund des Mordopfers. Schenck nimmt sich seiner an, wird prompt von der Frau Gemahlin vor die Tür gesetzt und nächtigt nun im Polizeirevier.
Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und die "Frankfurter Rundschau" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).