Missbrauch: Bischof empfiehlt Verhaltenskatalog für Erzieher
Eine Handreichung mit "klaren Regeln" sollte laut Landesbischof Friedrich konkrete Grenzen benennen, wann Fürsorge zu Belästigung oder Missbrauch werde. Das werde auch Thema beim ÖKT sein.

Als Konsequenz aus den jüngst bekanntgewordenen Missbrauchsfällen hat der bayerische evangelische Landesbischof Johannes Friedrich einen Verhaltenskatalog für Erzieher angeregt. Diese Handreichung sollte konkret die Grenzen benennen, wann liebevolle Fürsorge zu Belästigung oder sogar Missbrauch werde, sagte der Bischof in einem epd-Gespräch.

ÖKT: Erster Impuls für Regelkatalog?

Der Umgang von erwachsenen Betreuern mit Kindern komme ohne körperliche Nähe nicht aus, wenn beispielsweise ein weinendes Kind auf den Arm genommen wird. Eine Handreichung mit "klaren Regeln" sei die Kirche auch den vielen Jugendleitern schuldig, die häufig ehrenamtlich tätig sind. Dieser kirchliche Katalog könne auch ein Modell sein für alle Einrichtungen, die mit Kindern und Jugendlichen zu tun haben, wie Schulen und Sportvereine.

Der Ökumenische Kirchentag in München, bei dem auch die Missbrauchsfälle Thema sein werden, könne einen ersten Impuls für einen derartigen Regelkatalog geben, sagte Friedrich. Auf dem Kirchentag im Mai sollte, ohne zu verniedlichen, was an "Furchtbarem und Schrecklichem" im kirchlichen Bereich geschehen ist, die gesamtgesellschaftliche Dimension des Missbrauchs nicht ausgeblendet werden. Denn zu Missbrauch dürfe es auch in Familien, in Schulen oder Sportvereinen nicht kommen.

"Öffentlichkeit unterscheidet nicht zwischen katholisch und evangelisch"

Der Kirchentag soll Friedrich zufolge nicht nur Plattform für die Diskussion der Missbrauchsfälle sein, sondern Opfern und Tätern individuelle Hilfen anbieten. Es sei zu erwarten, dass Opfer von Missbrauch die Anonymität des Massentreffens nutzen, um sich über ihre große persönliche Not mit einem geschulten Gesprächspartner auszutauschen. Deshalb werde das Beratungszentrum bei dem Kirchentag auf "schwierige Gespräche" vorbereitet sein.

Durch die Missbrauchsfälle sei generell Vertrauen in die Kirche verloren gegangen, sagte Friedrich, der auch Leitender Bischof des Kirchenbundes Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD) ist. Die Öffentlichkeit unterscheide nicht mehr in katholisch und evangelisch. Deshalb müssten die Kirchen gemeinsam verdeutlichen, welche Bedeutung der christliche Glaube und eine religiöse Gemeinschaft für jeden Menschen habe.

epd