Margot Käßmann und die Fantasie für den Frieden
In der Debatte um den Bundeswehreinsatz in Afghanistan hat die ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Margot Käßmann, Akzente gesetzt. Ihre vieldiskutierte Neujahrspredigt gibt es jetzt in Buchform. Mit dem Band wird zugleich die neue Edition "chrismonmobil" eröffnet.
16.03.2010
Von Bernd Buchner

"Nichts ist gut in Afghanistan": Vor allem dieser Satz wird aus der kurzen Amtszeit Margot Käßmanns als Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Erinnerung bleiben. Die damalige Bischöfin hat mit ihrer Dresdner Neujahrspredigt eine teils heftige und immer noch andauernde Diskussion über das Engagement der Bundeswehr am Hindukusch angestoßen. Die neue Edition "chrismonmobil" präsentiert die Ansprache sowie eine ausführliche Erläuterung nun in Buchform.

Bei der Lektüre der Predigt wird noch einmal deutlich, in welchem Zusammenhang Käßmanns Anmerkungen zum internationalen Afghanistan-Einsatz standen. Ausgehend von der evangelischen Jahreslosung "Euer Herz erschrecke nicht – glaubt an Gott und glaubt an mich" kritisierte sie eine verbreitete "Alles wird gut"-Mentalität, mit der die Schattenseiten des Lebens gerne ausgeblendet werden. "Nein, noch nicht vollkommen ist Gottes Reich", so die Theologin und lässt eine Reihe von Sätzen folgen, die mit "Nichts ist gut ..." begonnen.

Klima, Kinderarmut und anderes

Nichts sei gut in Sachen Klima, heißt es da, wenn weiter die Gesinnung "Nach uns die Sintflut" vorherrsche, nichts sei gut, wenn Kinder in Deutschland arm seien, nichts sei gut in einer "Atmosphäre der Gnadenlosigkeit", in der nur Stärke gefragt sei. Und eben auch: Nichts sei gut in Afghanistan. "Wir brauchen Menschen, die nicht erschrecken vor der Logik des Krieges, sondern ein klares Friedenszeugnis in der Welt abgeben", bekundet Käßmann und wirbt für "mehr Fantasie für den Frieden".

In ihrem erläuternden Text drückt die frühere Ratsvorsitzende zunächst ihre Verwunderung über die deutliche Kritik an der Predigt aus. Sie habe zwar auch viele positive Reaktionen bekommen. "Aber die Heftigkeit der kritischen Stimmen hat mich doch befremdet." Käßmann setzt sich vor allem gegen den Vorwurf der Naivität zur Wehr und verweist auf das langjährige friedenspolitische Engagement der evangelischen Kirche. Zugleich stellt sie klar, dass es ihr nicht um Kritik an den Soldaten gehe.

"Keine Rechtfertigung für den Krieg"

Die Theologin begegnet zudem dem Vorwurf, sie vermische politische und kirchliche Sphäre. "Als Kirchen haben wir theologisch zu argumentieren", schreibt sie. "Die Kirchen haben zum Frieden zu rufen und keine Rechtfertigung für den Krieg zu liefern." Heftig kritisiert Käßmann, als hätte sie die jüngsten Meldungen gekannt, den rasanten Anstieg der Rüstungsexporte. Hier endlich verbindliche Standards zu schaffen, auch das sei "Fantasie für den Frieden".

Der handliche, ansprechend gestaltete Band schließt mit dem evangelischen Wort "Aus Gottes Frieden leben – für gerechten Frieden sorgen", das die EKD-Spitze Ende Januar als Reaktion auf die heftigen Angriffe auf Käßmann veröffentlichte. Die ehemalige Ratschefin wird der evangelischen Kirche als wichtige Impulsgeberin und Mahnerin erhalten bleiben. Auf ihre Zukunft darf man sich ebenso freuen wie auf die weiteren Bände der Edition "chrismonmobil".

Margot Käßmann: Fantasie für den Frieden oder: Selig sind, die Frieden stiften, Frankfurt am Main 2010. Edition "chrismonmobil", 103 Seiten, 8,90 Euro.

Das Buch ist im chrismonshop erhältlich.