Die Pläne von Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) zur Senkung der Arzneimittel-Kosten stoßen bei gesetzlichen Krankenkassen und Experten auf Skepsis. "Wir begrüßen den Ansatz, in die Preisregulierung einzusteigen. Doch Verhandlungen allein werden nicht ausreichen", sagte der Vizevorstandschef der größten deutschen Einzelkasse Barmer-GEK, Rolf-Ulrich Schlenker, der hannoverschen "Neuen Presse" (Donnerstag).
"Wir benötigen kurzfristige, zusätzliche Maßnahmen"
Rösler will den Pharmafirmen Vertragsverhandlungen mit den Krankenkassen aufzwingen, um Kostensenkungen bei den Arzneimitteln zu erreichen. Davon erhofft er sich Einsparungen bis zu zwei Milliarden Euro im Jahr.
Der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, Herbert Reichelt, erwartet keinen schnellen Erfolg. "Bis der Gesetzgebungsprozess beendet ist und die ersten Einsparungen erzielt werden, dauert es", sagte er der "Passauer Neuen Presse" (Donnerstag). Reichelt nannte einen Zeitraum von zwei bis drei Jahren. "Deshalb benötigen wir kurzfristige, zusätzliche Maßnahmen." Im laufenden Jahr wird für die gesetzlichen Kassen nach Abzug der Steuerzuschüsse immer noch mit einem Defizit von vier Milliarden Euro gerechnet.
Unabhängiges Sachverständigengremium gefordert
Die Barmer-GEK plädierte für eine unabhängige Bewertung von patentgeschützten Arzneimitteln. "Wir brauchen ein unabhängiges Sachverständigengremium, das den Nutzen eines neuen Wirkstoffs ermittelt. Auf dieser Basis müsste dann ein angemessener Preis festgelegt werden", forderte Schlenker.
Rösler verwahrte sich aber dagegen: "Ich halte es für falsch, das Preismonopol der Industrie gleichsam dann durch ein staatliches Monopol zu ersetzen", sagte er in den ARD-"Tagesthemen".
Experte: Verpflichtende Kosten-Nutzen-Bewertung
Für das Mitglied des Sachverständigenrates für das Gesundheitswesen, Gerd Glaeske, sind Röslers Pläne "völlig unzulänglich". Er verlangte in der "Frankfurter Rundschau" (Donnerstag) eine verpflichtende Kosten-Nutzen-Bewertung. Außerdem sollte nach seinen Vorstellungen nach zwei bis drei Jahren eine Wirkungsbilanz gezogen werden, die bei negativem Ergebnis auch zu Rückzahlungen des Herstellers führen soll.
Die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), die die Pharma-Arbeitnehmer vertritt, warf Rösler hingegen vor, es sich zu leicht zu machen, "fast ausschließlich die Pharmahersteller anzugehen als wenn es im großen Spektrum der Anbieter von Gesundheitsleistungen nur dort Probleme gäbe". Der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" (Donnerstag) sagte der IG-BCE-Vorsitzende Michael Vassiliadis: "Es ist schon überraschend, wenn ausgerechnet ein FDP-Minister Unternehmen mit Zwangsmaßnahmen droht."