"Bester Nebendarsteller": Oscar für Christoph Waltz
Er ist endgültig auf dem Film-Olymp angekommen: Nach der Goldenen Palme von Cannes und einem Golden Globe hat Christoph Waltz nun auch einen Oscar.

Der Österreicher Christoph Waltz hat den Oscar als bester Nebendarsteller gewonnen. Der 53-Jährige erhielt die Auszeichnung in der Nacht zum Montag für seine Rolle als charmant-zynischer SS-Offizier in Quentin Tarantinos Nazi-Satire "Inglourious Basterds". Waltz hat mit dieser Rolle den internationalen Durchbruch geschafft: Im Mai 2009 gewann er die Goldene Palme in Cannes, im Januar dieses Jahres dann den Golden Globe.

[linkbox:nid=13913;title=Fotogalerie]

"Dies ist ein Über-Bingo"

Der 53-Jährige füllte die Rolle des charmant-zynischen SS-Offiziers Landa mit derartiger Intensität und feinsinnigem Spiel aus, dass sich Hollywood-Größen mit Lob nur so überboten. "Absolut, der ist ja wunderbar. Der Waltz wird mit Sicherheit gewinnen", hatte der deutsche "Das Boot"-Held Jürgen Prochnow am Oscar-Vortag gesagt - und recht behalten.

"Dies ist ein Über-Bingo", sagte der sichtlich gerührte Schauspieler. Mit tränenerstickter Stimme dankte Waltz dem gesamten Filmteam, vor allem aber Regisseur Tarantino. "Ich werde Dir niemals genug danken können. Aber ich kann damit jetzt beginnen", betonte er in seiner kurzen Dankesrede, nachdem ihm Vorjahresgewinnerin Penélope Cruz die erste Statue des Abends überreicht hatte.

Erste Wahl für schillernde, zwiespältige Charaktere

Waltz selbst wurde schon durch seine Nominierung zu einem der gefragtesten Interviewpartner und empfand das als ganz "schöne Anstrengung". Dennoch blieb er nach außen locker: "Ich werde mich rechtzeitig anziehen", verkündete er vor der Gala - und ergänzte: "Ich gehe zum Schrank und hole meinen Smoking raus. Mein Hemd bügle ich selber, keiner bügelt so gut Hemden wie ich!"

Im deutschsprachigen Raum gilt Waltz schon seit langem als erste Wahl für schillernde, zwiespältige Charaktere. Er hat den alkoholkranken Schlagerstar Roy Black gespielt ("Du bist nicht allein") und wurde dafür mit vielen Fernsehpreisen geehrt. Er brillierte als Amokläufer von Euskirchen ("Tag der Abrechnung") oder mimte den eiskalten Entführer des Industriellensohns Richard Oetker ("Tanz mit dem Teufel").

"Gucken Sie sich meine Visage an"

"Gucken Sie sich meine Visage an", sagte Waltz einmal in einem Interview. "Würden Sie mich für einen Otto-Normal-Verbraucher besetzen?" Über seine Rollenauswahl sagt der 1956 in Wien geborene Sohn einer Künstlerfamilie: "Das ist auch das Reizvolle in unserem Beruf. Man kann das Verkorkste, das Versteckte, was in jedem von uns begraben ist, je nach Bedürfnis und Rolle herauskitzeln."

Seit Mitte der 1970er Jahre steht Waltz auf der Bühne, arbeitete in Wien, Hamburg oder Zürich mit Regisseuren wie August Everding, Jürgen Flimm und Thomas Langhoff. Seine Film- und Fernsehkarriere begann Anfang der 80er Jahre.

"So stelle ich mir eine Sucht vor"

Der Dreh mit Regisseur Tarantino für "Inglourious Basterds" sei für ihn ein "Naturereignis" gewesen, erzählte Waltz einmal in einem Interview. Er wünsche sich dringend eine Wiederholung dieser Erfahrung: "So stelle ich mir eine Sucht vor."

Waltz, der häufig mit dem Kulturbetrieb hadert, lebt wegen des "feinen britischen Humors" seit vielen Jahren in London. Seine Ehe mit einer amerikanischen Psychotherapeutin, die er bei seiner Ausbildung am legendären Institut von Lee Strasberg in New York kennengelernt hatte, ist mittlerweile geschieden. Seine neue Lebensgefährtin, eine Kostümbildnerin, lebt in Berlin. Eine Rückkehr nach Deutschland steht für ihn vorerst dennoch nicht zur Debatte.

Oscar-Triumph für Irak-Kriegsdrama "The Hurt Locker"

Sensation bei der 82. Oscar-Verleihung: Als erste Frau hat die US-Regisseurin Kathryn Bigelow (58) mit ihrem Irak-Kriegsdrama "The Hurt Locker" den Regie-Oscar gewonnen. Die kleine Independent-Produktion wurde zudem als bester Film ausgezeichnet und stach somit in beiden Königskategorien den Hollywood-Blockbuster "Avatar" von James Cameron aus. Insgesamt gewann "The Hurt Locker" ("Tödliches Kommando") sechs Oscars, "Avatar" kam auf drei Trophäen - beide waren neunmal nominiert. Die deutschen Hoffnungen auf Oscar-Ehren wurden enttäuscht: Der in zwei Kategorien nominierte Film "Das weiße Band" von Regisseur Michael Haneke ging leer aus.

Das Rennen zwischen "The Hurt Locker" und "Avatar" war das zwischen David und Goliath: "Avatar" kostete 500 Millionen Dollar und spielte 2,5 Milliarden Dollar ein - er ist der erfolgreichste Film der Geschichte; "The Hurt Locker" kostete hingegen gerade einmal 15 Millionen Dollar und war an den Kinokassen kein großer Erfolg, doch landete er bei den Kritikern einen Volltreffer - und schrieb Geschichte. Erst dreimal zuvor war eine Frau für die beste Regie nominiert: Sofia Coppola mit "Lost in Translation" (2003), Jane Campion mit "Das Piano" (1993) und Lina Wertmüller mit "Sieben Schönheiten" (1975). Bigelow gewann als erste Frau und stach damit ihren Ex-Mann Cameron aus. Der hatte 1998 mit "Titanic" elf Oscars gewonnen, diesmal blieb es bei drei Statuen für Kameraführung, Ausstattung und Spezialeffekte.

"Das weiße Band" geht leer geht aus

"Das weiße Band" war als deutscher Beitrag mit vielen Vorschusslorbeeren in das Rennen um den Oscar für den "besten nicht- englischsprachigen Film" gegangen. Die Trophäe holte jedoch der Thriller "El Secreto de Sus Ojos" (Das Geheimnis Deiner Augen) aus Argentinien. Auch in der Kategorie beste Kameraführung ging "Das weiße Band" leer aus. Kameramann Christian Berg unterlag mit seinen eindrucksvoll-hypnotischen Schwarz-Weiß-Bildern der schwelgerischen Bilderwelt von "Avatar", die sein Kollege Mauro Fiore einfing.

Mit 60 der erste Oscar: Jeff Bridges

In die Oscar-Liste der besten Hauptdarsteller schrieben sich erstmals Jeff Bridges und Sandra Bullock ein. Der 60-jährige Bridges erhielt die goldene Statue für seine Rolle als abgehalfterter Country-Sänger in dem Film "Crazy Heart". Bridges, der bereits zum fünften Mal nominiert hat, war überwältigt und bedankte sich überschwänglich. Bullock würdigte einzeln ihre Konkurrentinnen - darunter Helen Mirren und Meryl Streep - und bedankte sich unter vielen Tränen der Rührung. Die 45-Jährige bekam den Oscar für die Darstellung einer Mutter aus der Oberschicht, die einen obdachlosen, schwarzen Jungen in ihrer Familie aufnimmt und ihn zum Football-Profi macht. Erst am Abend zuvor hatte sie den Schmähpreis "Goldene Himbeere" als schlechteste Schauspielerin für ihre Darstellung als aufdringliche Verliebte in der Komödie "Verrückt nach Steve" erhalten.

Beste Nebendarstellerin: Mo'Nique

Beste Nebendarstellerin wurde die schwarze US-Schauspielerin Mo'Nique für ihre Rolle als gewalttätige Mutter in dem Sozialdrama "Precious - Das Leben ist kostbar". Zuvor war "Precious"-Autor Geoffrey Fletcher bereits für das beste adaptierte Drehbuch geehrt worden; der Film basiert auf dem Roman "Push" von Sapphire.

Bei der 82. Oscar-Verleihung gab es außerdem zwei Trophäen für den Zeichentrickstreifen "Up" (Oben): Er wurde von den Mitgliedern der Academy of Motion Picture Arts and Sciences zum besten Animationsfilm gewählt und für die beste Originalmusik ausgezeichnet. 

dpa