Kamerun: Mit Fantasie und Energie durch den Alltag
Immer am ersten Freitag im März ist der Weltgebetstag der Frauen. In diesem Jahr steht Kamerun im Mittelpunkt, wo die Aussichten für berufstätige Frauen schlecht sind. So müssen sie jeden Tag aufs Neue um ihr Einkommen kämpfen.
04.03.2010
Von Odile Jolys

Jedes Jahr am ersten Freitag im März beten Christinnen unterschiedlicher Konfessionen gemeinsam: Der Weltgebetstag der Frauen wird am 5. März in mehr als 180 Ländern gefeiert. Die Gottesdienste und Andachten sollen das Verständnis für andere Kulturen und das Zusammengehörigkeitsgefühl stärken.

Kirchen und Gemeindesäle sind dabei oft festlich geschmückt, ganz im Stil des Landes, das jeweils im Mittelpunkt steht. In diesem Jahr ist es Kamerun. Christinnen aus dem zentralafrikanischen Land haben Lieder und Gebeteausgewählt und ihre Liturgie unter das Bibelwort gestellt: Alles was Atem hat, lobe Gott. Durch den Weltgebetstag wird der Blick in diesem Jahr auf Kamerun und auf Frauen wie Suzanne Lamndoun Mfossa gerichtet.

Sie bemüht sich um einen Studienplatz in Personalwesen in Douala, der größten Stadt Kameruns. Sie ist 34, alleinerziehende Mutter und hat bereits einen Abschluss in Unternehmensrecht. Gern würde sie in ihrem Beruf arbeiten, aber die Aussichten sind schlecht. Dennoch bleibt sie nicht untätig. "Egal was passiert, man muss etwas unternehmen", sagt sie ruhig. Um ihren Lebensunterhalt zu verdienen, stellt sie Seife her und verkauft sie auf dem Markt.

Kamerun in Zentralafrika ist ein von Armut und Korruption geplagtes Land. Obwohl reich an Bodenschätzen wie Erdöl, leben viele Menschen in Not. Wegen seiner Vielfalt an Landschaften, Menschen, Kulturen und Religionen wird Kamerun auch "Afrika im Kleinen" genannt. Das Land steht in diesem Jahr im Mittelpunkt des Weltgebetstags der Frauen am 5. März. Christinnen in Kamerun entwarfen eine Liturgie zu dem Bibelwort: "Alles, was Atem hat, lobe Gott."

Zu wenig große Privatfirmen

Kamerun macht schwere Zeiten durch. Auf dem Land versuchen viele Frauen, sich mit dem Verkauf von Feldfrüchten durchzuschlagen. Und auch in der Stadt bleibt oft nur der Kleinhandel. Nach Regierungsangaben verdienen 70 Prozent der Beschäftigten in Kamerun weniger als den gesetzlich festgesetzten Mindestlohn von umgerechnet 40 Euro pro Monat. Für Akademiker wie Mfossa ist der Arbeitsmarkt besonders schwierig. Die Zeiten sind vorbei, da sie auf den Staatsdienst hoffen konnten, und große Privatfirmen gibt es zu wenige.

Patience Lobe, leitende Beamtin im Bauamt in der Region um Douala, klagt: "Wozu brauchen wir all die Juristen? Die Jugend muss zurück aufs Land. Wir brauchen innovative Landwirte." Doch die engagierte Katholikin und erste Ingenieurin Kameruns weiß, dass die Landflucht sich nicht ohne weiteres stoppen lässt, wenn 40 Prozent der Bevölkerung unter der Armutsschwelle leben. In den Städten sank die Armut in den vergangenen Jahren etwas, in ländlichen Regionen dagegen nahm sie zu.

Mfossa kennt Stadt und Land. Sie wuchs bei ihrer Großmutter im Dorf auf, während ihre Eltern schon nach Douala gezogen waren. Als Teenager zog sie zu ihrem Bruder, um weiter die Schule besuchen zu können. Doch mit 16 wurde sie schwanger, von einem Nachhilfelehrer, und musste die Schule abbrechen. Teenager-Schwangerschaften sind ein großes Problem in Kamerun. Auch sexueller Missbrauch ist weit verbreitet.

Erstes Geld mit Kleinhandel

Die Eltern holten Mfossa nach Douala, wo sie mit Kleinhandel ihr erstes Geld verdiente. Von ihrer Großmutter wusste sie, wie man Erdnüsse röstet, Karamell-Bonbons herstellt, Tischdecken und Haarnetze häkelt. Nach zwei Jahren Unterbrechung durfte sie ihren Schulabschluss in der Abendschule nachholen. Als ihr Vater starb, musste sie wieder etwas zum Einkommen der Familie beisteuern. Die junge Mutter begann, Fleischklößchen zu verkaufen, für ihr Kind und ihre Geschwister zu sorgen - und schrieb sich an der Universität für Jura ein.

Das waren für sie Jahre des Aufschwungs: Sie kaufte Polstermöbel für ihr kleines Holzhaus mit dem Blechdach - und einen Fernseher. Die 920 Euro, die die Hochschule kostete, hatte sie zusammengespart. Doch der Anstieg der Lebensmittelpreise im Jahr 2007, der eine Hungerrevolte in Kamerun auslöste, machte ihr Geschäft zunichte. Das Fleisch wurde zu teuer.

Mfossa war mit ihren Kräften am Ende. Doch sie gab nicht auf. Bei der Jugendorganisation ihrer evangelischen Kirche fand sie Hilfe. In einem Kurs für arbeitslose Jugendliche lernte sie Seife herzustellen. Auf dem Zentralmarkt New Bell von Douala fand Mfosse damit eine Nische. Aber an eine Ausweitung der Produktion ist nicht zu denken: Kamerun wird von billiger Industrieware aus dem Ausland überschwemmt. Mfossa verdient gerade genug, um das tägliche Überleben für sich und ihre 16-jährige Tochter zu sichern.

epd