TV-Tipp des Tages: "Tatort: Bermuda" (WDR)
Die Geschichte beginnt mit einem gewöhnlichen Mord. Für Ballauf (Klaus J. Behrendt) ist der Fall klar. Schenk (Dietmar Bär) hält dagegen. Wieder mal spitzt der Kölner Krimi die Ermittlungen auch auf der persönlichen Ebene zu.
04.03.2010
Von Tilmann P. Gangloff

"Tatort: Bermuda", 4. März, 20.15 Uhr im WDR Fernsehen

Am Anfang dieses "Tatorts" stand eine Idee, die für einen Krimi reichlich absurd anmutet: "Was passiert, wenn in einer Gruppe mittel- und perspektivloser Jugendlicher plötzlich einer Millionär wird?" Wie Roswitha Seidel und Ko-Autorin Scarlett Kleint diese Idee weitergesponnen haben, ist schon ziemlich ungewöhnlich. Auch wenn man vermuten darf, dass erst durch die Bearbeitung von Manfred Stelzer ein Krimi draus geworden ist: Interessant ist die Geschichte allemal. Sie beginnt mit einem ganz gewöhnlichen Mord: Die Besitzerin eines Autohauses für Nobelkarossen wird erstochen am Rheinufer gefunden. Für Ballauf (Klaus J. Behrendt) ist der Fall klar: Die Dame hatte einen Geliebten (Michael Brandner), der sich längst auch in der Firma breit gemacht hat. Am Abend zuvor hatten beide Streit, er ist außerdem in Autoschiebereien nach Russland verwickelt. Schenk (Dietmar Bär) hält dagegen: Er kennt den Mann. Wieder mal spitzt der Kölner Krimi die Ermittlungen auch auf der persönlichen Ebene zu: hier der rationale Ballauf, da der Gemüts- und Bauchmensch Schenk.

Mit Paula Kalenberg und Marie-Luise Schramm

Originell aber wird der Fall erst durch das titelgebende "Bermuda": ein geräumiges Haus für vier Jugendliche, die dem Jugendheim unterstellt sind. Eigentlich leben sie in paradiesischen Zuständen; erst beim zweiten Blick entdeckt man, dass es ihnen ziemlich dreckig geht. Eine von ihnen ist die frühreife Tochter (Paula Kalenberg) der Dame vom Autohaus, und da sie bereits Halbwaise war, ist sie nun Millionenerbin. Sie macht einen äußerst labilen Eindruck und ist zudem in eine unheilvolle Beziehung zu ihrer Freundin (Marie-Luise Schramm) verstrickt. Schenk und Ballauf wird klar, dass der Täter irgendwo aus diesem Umfeld stammen muss, zumal einer der Jungs auch noch ständig mit Messern um sich wirft.

Jugendliche Darsteller überzeugen

Es sind vor allem die jugendlichen Darsteller, die diesen "Tatort" zu einem besonderen Werk machen. Außerdem bleibt der Film stets Krimi und rutscht nie in die Milieuschilderung oder ins Sozialdrama ab. Das wiederum klappt nur, weil Ballauf und Schenk konsequent im Mittelpunkt der Geschichte stehen. Irritierend ist allein der Umstand, dass die beiden männlichen Bewohner des "Bermuda" mitten in Köln mit unüberhörbarem Berliner Akzent sprechen.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und die "Frankfurter Rundschau" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).