50 Jahre "Tagesschau"-Wetterkarte aus Frankfurt
Allabendlich heißt es: "Aus Frankfurt nun die Wettervorhersage für morgen...". Seit 50 Jahren produziert der Hessische Rundfunk die Wettervorhersage in der "Tagesschau".
01.03.2010
Von Henrik Schmitz

Für das Wetter in Deutschland zuständig ist - nein, nicht Jörg Kachelmann. Auch wenn man als passionierter "Tagesthemen"-Konsument auf diesen Gedanken kommen könnte. In den meisten Sendungen im Ersten, etwa in der "Tagesschau", ist nicht Kachelmanns Firma Meteomedia, sondern die Wetter-Redaktion des HR für die Vorhersage verantwortlich. Ob der Regenschirm beim Weg zur Arbeit am nächsten Morgen mit muss oder ob statt T-Shirt besser ein Pullover angesagt ist - das erfahren die Zuschauer direkt aus Frankfurt am Main. Heute hat die Wetterkarte in der "Tagesschau", die der HR produziert, 50. Geburtstag.

Computer: Das erste Hilfsmittel für Wetterbericht

Dass der HR der "Wettersender" ist, liegt am Territorialprinzip der ARD: Der Deutsche Wetterdienst hat seinen Sitz im benachbarten Offenbach. Außerdem habe der HR in den 60er Jahren über eine damals noch revolutionäre Tricktechnik verfügt, bei der Wolkenschablonen aus Pappe abgefilmt und über die Deutschlandkarte bewegt wurden, erklärt Silke Hansen, die seit 2000 die Wetter-Redaktion leitet.

Inzwischen ist der Computer das erste Hilfsmittel für den Wetterbericht. In den 90er Jahren entwickelte der HR gemeinsam mit dem Deutschen Wetterdienst und dem Fraunhofer Institut ein eigenes Programm, mit dem die Wetterdaten in Bilder umgesetzt werden. Auch die Präsentation des Wetters hat sich verändert.

Statt wie einst die zum Teil sehr offiziösen Meldungen des Deutschen Wetterdienstes behördlich-steif vorzutragen, schreibt die Wetterredaktion ihre Texte längst selbst und bemüht sich um größere Verständlichkeit. So kommt es, dass der klassische "Tiefausläufer über der Biskaya" - bei dem kein Zuschauer wusste, was er zu bedeuten hatte - heute in keinem Bericht mehr erwähnt wird.

"Erfahrung spielt in diesem Beruf eine große Rolle"

Rund 30 Mitarbeiter umfasst Hansens Team, darunter sechs Meteorologen. Die erhalten laufend alle Informationen von Wetterdiensten weltweit und verfolgen am Computer den Regenradar und Satellitenbilder. Aus diesen Daten bestimmen die Fachleute dann den Wetterbericht, der auch mal von dem Berechnungen des Computers abweicht. "Erfahrung spielt in diesem Beruf eine große Rolle", sagt Hansen. Und darum greift die Wetterredaktion auch notfalls in das Computerprogramm ein, wenn darin etwa die Wolken etwas schneller von West nach Ost ziehen, als es die Meteorologen erwarten.

Im Fernsehstudio bewegt sich Moderatorin Laura Di Salvo vor einer leeren giftgrünen Wand, der Computer fügt nur im Fernsehbild die Karten ein, die ihre Kollegen zuvor fertiggestellt haben. "Mit der Hand auf die richtigen Stellen zu zeigen, braucht daher schon ein wenig Übung", sagte sie. Und obwohl Di Salvo den Wetterbericht problemlos frei moderieren könnte, liest sie ihren Text von zwei Monitoren ab, die direkt unter den Kameras im Studio installiert sind. "Nur so schafft man es, die vorgegebene Zeit von einer Minute und 30 Sekunden für den Wetterbericht einzuhalten", sagt Hansen.

Wetterprognose trotz modernster Technik schwierig

Zu 85 Prozent liegen sie und ihr Team mit ihren Vorhersagen für den kommenden Tag richtig. "Wir könnten noch genauer sein, aber in der kurzen Zeit reicht es nur für einen Überblick, der nicht für jeden Ort in Deutschland absolut präzise ist." Darum ist Hansen auch froh, dass sie im HR-Fernsehen mit "Alle Wetter!" eine tägliche Sendung von 15 Minuten zur Verfügung hat, in der sie den Zuschauern auch Details erklären kann. Dazu zählen dann auch Erkenntnisse wie die, dass man zum Aufladen einer Autobatterie 5.000 Blitze bräuchte.

Wie schwierig eine Wetterprognose trotz modernster Technik ist, zeigt ein Blick in den Wettercomputer des HR. Dort laufen die Berechnungen verschiedener Wetterdienste ein und schlagen sich in bunten Linien quer über einer Europakarte nieder. "Für heute verlaufen die Linien weitgehend gleich. Die Wetterdienste sind sich mit ihren prognostizierten Daten also einig", so Hansen. Mit einem Klick landet sie auf den Berechnungen des Wetters 14 Tage später. Auf dem Monitor ist jetzt nur noch ein buntes Linien-Chaos zu sehen.

"Da sagt jeder Dienst etwas anders Voraus", sagt Hansen und fügt hinzu: "Mehr als drei Tage im voraus lässt sich das Wetter kaum seriös bestimmen." Auch guten Freunden, die Hansen häufiger mal nach dem Wetter für eine anstehende Gartenparty fragen, macht sie daher nur kurzfristige Prognosen. "Die stimmen dann aber zu 100 Prozent."

epd/hen