TV-Tipp des Tages: "Mama kommt!" (ZDF)
Unbedingt empfehlenswert: Senta Berger und Anja Kling spielen Mutter und Tochter grandios. Luise (Senta Berger) manövriert ihre Tochter (Anja Kling) ungerührt von einer Peinlichkeit in die nächste.
01.03.2010
Von Tilmann P. Gangloff

"Mama kommt!", 1. März , 20.15 Uhr im Zweiten

Das Ausrufezeichen im Titel hat durch seine Berechtigung: Luise Fischer ist eine Frau, vor der dringend gewarnt werden muss. Der Film hingegen ist unbedingt empfehlenswert: Senta Berger und Anja Kling spielen Mutter und Tochter grandios. Und weil auch noch eine Enkelin im Spiel ist (Jella Haase in ihrer ersten großen Rolle), gilt die Empfehlung für alle drei Generationen. Männer allen Alters, als Väter, Brüder oder Söhne mittelbar nicht minder betroffen, kommen ohnehin auf ihre Kosten.

Mit Petra Kelling und Matthias Schloo

Das Drehbuch (Buch: Sophia Krapoth) ist ein ausgezeichnetes Beispiel dafür, wie man eine Geschichte, die im Grunde tragische Züge trägt, durch nuancierte Überspitzung als Komödie gestaltet: Eigentlich ist "Mama kommt!" ein Film über die Angst vor dem Alleinsein. Luise Fischer hat sich wegen einer Lappalie mit ihrer Freundin und Mitbewohnerin überworfen: Hella (Petra Kelling) hat ein Verhältnis mit einem weitaus jüngeren Mann angefangen. Kein Wunder, dass Luises alleinerziehende Tochter Christiane (Kling) ihre neue Eroberung, den zwar sehr schmucken, aber auch sehr jungen Assistenzarzt Lars (Matthias Schloo), lieber als Lieferanten eines Chinalokals ausgibt, als ihre Mutter unangekündigt vor der Tür steht. Sie ist zwar Chirurgin, hat es ihrer Mutter aber noch nie recht machen können. Die wiederum, nicht faul, räumt erst mal die Wohnung um und hält dann Ausschau nach einem Mann für "Chrissie". Deren früherer Freund, Medizintechniker Stephan (Martin Lindow), wäre doch genau der Richtige. Die Kuppelei führt allerdings nur dazu, dass sich die beiden Konkurrenten um Christianes Zuneigung prügeln. Zu allem Überfluss gibt sich Enkelin Jette in einer Single-Börse als ihre Mutter aus. Der darob freudig bewegte Galerist (Walter Kreye) würde allerdings viel besser zu Luise passen.

Ausgefeilte Dialogduelle sorgen für beste Unterhaltung

Grimme-Preisträgerin Isabel Kleefeld ("Arnies Welt") hat mit Senta Berger bereits "Schlaflos" und zwei Krimis aus der Reihe "Unter Verdacht" gedreht. "Mama kommt!" aber ist aus völlig anderem Holz geschnitzt. Dank der diversen Missverständnisse und Christianes wachsendem Verdruss angesichts der Übermutter bedient sich der Film immer wieder beim Boulevard-Theater, ohne je zur plumpen Klamotte zu werden. Allein die ausgefeilten Dialogduelle der beiden Hauptdarstellerinnen sorgen für beste Unterhaltung. Gelungen ist auch die physische Komponente des Spiels: Während sich bei Anja Kling die zunehmende Verzweiflung vor allem in der Mimik widerspiegelt, schießt Senta Berger Luise Bosheiten ab, ohne mit der Wimper zu zucken. Herrlich auch, wie sie mit spitzem Finger in ein Kissen piekt oder in versteckten Winkeln nach Staub sucht; selbstredend ist die Kündigung der Putzfrau eine von Luises ersten Aktionen. Ein hübscher Einfall war auch die Idee, Bergers Sohn Simon Verhoeven Christianes Bruder spielen zu lassen, den die Mutter nach Strich und Faden verhätschelt. Aber das Beste an der Geschichte sind die Momente, in denen Luise ihre Tochter ungerührt von einer Peinlichkeit in die nächste manövriert; Berger und Kling spielen das, als hätten sie nie etwas anderes getan.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und die "Frankfurter Rundschau" mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).