Chile: Mehr als 700 Tote nach Erdbeben
Das Ausmaß der Katastrophe wird erst nach und nach sichtbar: Zwei Tage nach einem der schwersten je registrierten Erdbeben bat Präsidentin Bachelet erstmals das Ausland um Hilfe.

Zwei Tage nach einem der schwersten je registrierten Erdbeben hat die chilenische Regierung entschiedene Maßnahmen zur Überwindung der Katastrophe ergriffen. Angesichts zunehmender Plünderungen wurde der Ausnahmezustand über die besonders betroffenen Regionen Maule und Bíobío verhängt und 10.000 Soldaten entsandt. Zugleich kündigte Präsidentin Michelle Bachelet am Sonntag (Ortszeit) einen Aktionsplan an, der die Verteilung von Lebensmitteln, Decken und Medikamenten an Hunderttausende Bedürftige vorsieht.

Die Zahl der registrierten Todesopfer des Bebens der Stärke 8,8 vom Samstag wurde unterdessen mit 711 angegeben. "Es wird aber weiter nach einer unbekannten Zahl von Vermissten gesucht", betonte die Leiterin des Zentrums für Katastrophenschutz, Carmen Fernández.

In der Stadt Concepción etwa 500 Kilometer südlich von der Hauptstadt Santiago, wo es zuvor zu zahlreichen Plünderungen gekommen war, leerten sich wegen einer Ausgangssperre ab dem Abend die Straßen. Nur wenige Menschen wagten sich angesichts des Risikos einer Festnahme aus den Häusern. Bei der Verteilung von kostenlosen Lebensmitteln kam es jedoch zu Rangeleien und die Sicherheitskräfte setzten Tränengas ein.

Bachelet bittet Ausland um Hilfe

Erstmals bat Bachelet auch das Ausland um Hilfe. Chile benötige Unterstützung für Krankenhäuser, Behelfsbrücken, Kommunikationseinrichtungen, Rettungsexperten, Statiker und Wasserentsalzungsanlagen. "Die UN, insbesondere der Nothilfekoordinator, stehen bereit", sagte Generalsekretär Ban Ki Moon in New York. Aus Deutschland waren bereits Helfer nach Chile unterwegs. Aus Argentinien trafen zudem drei Feldlazarette ein.

Auf dem erheblich beschädigten internationalen Flughafen von Santiago landete am Sonntag erstmals wieder eine Passagiermaschine. Die EU-Kommission gibt drei Millionen Euro als Soforthilfe. Erste Hilfsmannschaften aus Deutschland machten sich auf den Weg ins Katastrophengebiet. Über deutsche Opfer lagen dem Auswärtigen Amt in Berlin keine Informationen vor.

Vor allem in Maule und Bío Bío galten zahlreiche Menschen noch als vermisst. Die genaue Zahl der Obdachlosen war zunächst unbekannt. Bachelet hatte am Vortag von 1,5 Millionen zerstörten oder beschädigten Wohnungen gesprochen. Die Politikerin versuchte, ihren geplagten Landsleuten Mut zu machen: "Wie bei früheren Katastrophen werden wir auch diese Probe bestehen", sagte sie im Fernsehen.

Wassermassen treffen chilenische Küste

Während die befürchteten Riesenwellen über den Pazifik ausblieben, verschlimmerten die Wassermassen in Chile das Elend noch weiter. "Es bebte und dann kam das Meer in unser Haus, es reichte uns bis zum Hals", sagte eine Einwohnerin von Iloca im Süden des Landes. In der Stadt Talcahuano bot sich wie in vielen anderen Küstenorten ein Bild des Schreckens: Während selbst größere Schiffe bis ins Stadtzentrum geschwemmt wurden, dümpelten Reste von Holzhäusern im Meer.

dpa