Der Fernbahnverkehr in Deutschland ist am Montagmorgen auf allen Hauptstrecken wieder aufgenommen worden. Es sei gelungen, die Strecken von den Folgen des Orkantiefs "Xynthia" zu befreien, sagte ein Bahnsprecher. Auch der Flughafenbahnhof Frankfurt/Main werde wieder angefahren. Trotzdem gebe es vor allem im Regionalbahnverkehr noch erhebliche Beeinträchtigungen. Diese beträfen weiterhin Nordrhein-Westfalen, wo der Schienenverkehr am Sonntag zum Erliegen gekommen war. Es gebe Einschränkungen beispielsweise im Grenzlandverkehr bei Aachen, in der Region Köln, bei Duisburg oder Kaltenkirchen. Auch bei der Rhein-Ruhr-S-Bahn werde es Verspätungen geben.
Auf Verspätungen müssen sich Bahnreisende im Fern- und Regionalbahnverkehr auch in anderen Regionen, die nicht so stark vom Sturm betroffen waren, einrichten. Die Züge hätten sich gestaut, das müsse sich erst auflösen. "Damit entsteht eine Art Kettenreaktion." Deshalb komme es zu Verspätungen, weil sich die Züge nicht wie sonst an ihren normalen Abfahrpunkten befinden.
Aufräumarbeiten im Südwesten Deutschlands
Während die Einsatzkräfte der Polizei, der Feuerwehren und der Technischen Hilfswerke im südwestlichen Teil Deutschlands bereits die Sturmschäden aufräumten, bereitete sich Brandenburg in den frühen Morgenstunden auf den Orkan vor. "Wir sind gewappnet", sagte ein Sprecher der Polizei in Brandenburg.
In den anderen Bundesländern hat "Xynthia" mittlerweile deutlich an Kraft verloren. Nach Mitternacht gingen bei den Polizeistationen keine größeren Schadensmeldungen oder Notrufe mehr ein, sagten die Sprecher übereinstimmend. In der Nacht hatten die Einsatzkräfte lediglich mit herabstürzenden Dachziegeln, umgestürzten Bäumen und regionalen Stromausfällen zu kämpfen. Weitere schwere Schäden oder verletzte Menschen meldeten die Polizeidienststellen nicht. Der Deutsche Wetterdienst hob die Unwetterwarnung für Mitteldeutschland am frühen Montagmorgen wieder auf.
Ein Sprecher des Lagezentrums beim rheinland-pfälzischen Innenministerium in Mainz sagte: "Die Aufräumarbeiten sind im Gange, beziehungsweise sie sind in der Dunkelheit unterbrochen worden." Sie gingen am Montag weiter und würden wohl auch in den kommenden Tagen andauern. "Hier ist mittlerweile alles in Ordnung", sagte ein Sprecher des Lagezentrums in Saarbrücken am Montagmorgen.
Die Sperrung der Autobahn 3 bei Frankfurt/Main ist mittlerweile wieder aufgehoben. Die A3 wurde aufgrund des extrem starken Windes am Sonntagnachmittag aus Sicherheitsgründen abgeriegelt. Im gesamten Bundesgebiet sind Polizeiangaben zufolge mittlerweile nur noch kleinere Straßen gesperrt, Autobahnen und Bundesstraßen sind in fast allen Regionen geräumt und freigegeben. Im Westerwald sind jedoch bis auf weiteres die B54 und die B414 gesperrt.
Mehr als 50 Tote in Westeuropa
Das Orkantief "Xynthia" hatte am Sonntag eine Schneise der Verwüstung durch Westeuropa gezogen und mindestens 54 Menschen in den Tod gerissen. In Frankreich kamen 45 Menschen vor allem bei Überschwemmungen an der Atlantikküste ums Leben, wie das Innenministerium nach einer Krisensitzung am Sonntagabend mitteilte. In Deutschland starben mindestens fünf Menschen, meist durch umstürzende Bäume. Hier wüteten die bis zu 166 Kilometer schnellen Böen am heftigsten in Hessen, Baden-Württemberg und Nordrhein- Westfalen.
Im südhessischen Biblis wurde ein Zweijähriger in einen Fluss geweht und konnte nur noch tot geborgen werden. Im Schwarzwald kam ein 74-jähriger Autofahrer ums Leben, bei Wiesbaden ein 69 Jahre alter Wanderer. In Nordrhein-Westfalen starben eine Joggerin und eine Autofahrerin. Der Sturm richtete Millionenschäden an.
"Xynthia" sei ein Sturmtief, "wie man es nicht jedes Jahr hat", sagte Meteorologe Peter Hartmann vom Deutschen Wetterdienst (DWD) in Offenbach. Die höchste Windgeschwindigkeit in Deutschland wurde nach DWD-Angaben mit 166 Kilometern pro Stunde am 557 Meter hohen Weinbiet bei Neustadt/Weinstraße (Rheinland-Pfalz) gemessen.
EU will Sturmopfern helfen
Die Europäische Union ist zur Hilfe für die Opfer des schweren Sturms "Xynthia" bereit. Die EU-Kommission werde Hilfe für die am meisten betroffenen Länder prüfen, erklärte EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso am Sonntagabend in Brüssel. Er bekundete seine Anteilnahme und seine Solidarität mit den Opfern.
EU-Parlamentspräsident Jerzy Buzek erklärte, es seien Zahlungen aus dem EU-Solidaritätsfonds möglich, mit denen ein Teil der Wiederaufbaumaßnahmen finanziert werden könnte. Das Parlament werde über derartige Anträge auf Hilfe rasch entscheiden. Sein Solidarität gelte allen Opfern, vor allem aber jenen in den besonders schwer getroffenen Teilen Frankreichs.