Als Bischöfin auch weiterhin tragbar gewesen!
Schade, dass Margot Käßmann ihren schweren Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung nicht einfach löschen kann. Sie schämt sich sehr dafür. Denn sie weiß, welches Risiko sie fuhr.
25.02.2010
Von Hermann Preßler

Wenn Sie vor Ihrem Computer sitzen und einen Satz geschrieben haben, über den Sie sich beim Nachlesen schämen, was machen Sie dann? Sehr einfach, Sie klicken mit der Maus auf die Löschtaste – und schwups haben Sie das Ganze rückgängig gemacht.

Schade, dass Margot Käßmann ihren schweren Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung nicht einfach löschen kann. Sie schämt sich sehr dafür. Denn sie weiß, welches Risiko sie fuhr, als sie betrunken am Steuer saß – Risiko für ihr eigenes Leben und das ihres Mitfahrers – und was wäre erst geschehen, wenn ein anderer Autofahrer in jenem Augenblick über die Kreuzung gefahren wäre….

Zwei Dinge sind mir wieder bewusst geworden. Erstens: Manche Entscheidungen, die uns unterlaufen oder bei denen wir uns nicht allzu viel denken, sind manchmal von großer negativer Tragweite für unser weiteres Leben. Ein Augenblick - und nichts mehr ist wie es vorher war. Zweitens: Was Margot Käßmann getan hat, haben viele von uns schon getan. Aber dass etwas Falsches Viele tun, macht es ja nicht zu etwas Richtigem.

Ich trinke Alkohol, ich fahre Auto, und es war schon mal gut, dass Freunde so verantwortungsvoll waren und ein Taxi riefen. Schade, dass Margot Käßmann an jenem Samstagabend niemand davon abgehalten hat, sich selbst ans Steuer zu setzen.

Wollen wir nun den Stab über sie brechen? Ist sie disqualifiziert für das höchste Amt in der evangelischen Kirche? Erstens: Dieses Amt auszufüllen, wäre in Zukunft für sie sehr schwer geworden in einer sensationslüsternen Medienöffentlichkeit. Zweitens: Wenn jemand einmal verantwortungslos gehandelt hat, macht ihn das nicht gleich zu einem verantwortungslosen Menschen. Käßmanns geschätzte theologische, politische und seelsorgerliche öffentliche Stimme wäre nicht deswegen unglaubwürdig geworden, weil sie im Blick auf Alkohol am Steuer ein Mal etwas anderes getan hat, als sie zuvor gesagt hat.

Wer könnte noch ein öffentliches Amt bekleiden, wenn wir rigoros zum Maßstab machten, dass Reden und Tun immer und hundertprozentig übereinstimmen müssen? Ein unmenschlicher Maßstab, gerade für eine Kirche, die predigt, dass der fehlerhafte Mensch von Gott angenommen ist.

Nun hat Margot Käßmann gestern ihr Amt niedergelegt. Sie wird mir als Stimme des Protestantismus fehlen!

Hermann Preßler