Regierung setzt Kommission zur Gesundheitsreform ein
Am 17. März soll es erstmals tagen: Die Bundesregierung hat das Gremium eingesetzt, das Vorschläge für eine Gesundheitsreform erarbeiten soll. Dabei sind acht Bundesminister.

Es soll zudem eine enge Zusammenarbeit mit Fachpolitikern des Bundestags und aus den Ländern sowie mit externen Experten geben, wie das Bundesgesundheitsministerium am Mittwoch in Berlin weiter mitteilte. Wann Ergebnisse vorgelegt werden sollen, ließ die Regierung offen.

 

"Kopfpauschale" kommt in Arbeitsauftrag nicht vor

Die Kommission soll Vorschläge für eine "nachhaltige und sozial ausgewogene Finanzierung des Gesundheitswesens" erarbeiten. Dabei sollen die im Koalitionsvertrag getroffenen Festlegungen umgesetzt werden. Dort heißt es, dass es in der gesetzlichen Krankenversicherung künftig "einkommensunabhängige Arbeitnehmerbeiträge, die sozial ausgeglichen werden", geben soll. Der Sozialausgleich soll über Steuern finanziert werden. Da diese Kopfpauschale zwischen Union und FDP jedoch umstritten ist, wird sie im Arbeitsauftrag der Kommission nicht ausdrücklich als Ziel erwähnt.

Dem Gremium gehören neben Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) Bundesinnenminister Thomas de Maizière, Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen, Bundesfamilienministerin Kristina Schröder, Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (alle CDU), Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) sowie Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (beide FDP) an.

Kostenschätzungen zwischen 10 und 35 Milliarden Euro

Dem Gesundheitsministerium zufolge soll die Kommission berechnen, was ein Sozialausgleich der Kopfpauschale kosten wird. Für eine komplette Umstellung müssen nach Expertenmeinung 20 Milliarden bis 35 Milliarden Euro veranschlagt werden. Rösler will die Kopfpauschale schrittweise einführen und geht zunächst von Kosten in Höhe von zehn Milliarden Euro aus.

Die Regierungskommission wird nach Ansicht von Bayerns Gesundheitsminister Markus Söder (CSU) die FDP-Pläne für eine Kopfpauschale rasch verwerfen. "Bei einer sachlichen Debatte werden wir alle sehr schnell feststellen, dass eine Kopfpauschale kein deutschlandtaugliches Modell ist", sagte Söder der "Berliner Zeitung" (Mittwochsausgabe).

Der gesundheitspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jens Spahn (CDU), lehnte diese Vorfestlegung hingegen ab. Es gehe bei der lohnunabhängigen Finanzierung nicht um eine fixe Idee. Daher brauche es nicht "ständig Belehrungen und Überschriften aus München". Gefragt seien stattdessen konkrete Vorschläge. So wie das Gesundheitswesen derzeit organisiert sei, könne es auf Dauer nicht bleiben, sagte Spahn im rbb.

Der stellvertretende Parteivorsitzende der Linken, Klaus Ernst, nannte die Regierungskommission eine Farce. Die Regierung mache sich lächerlich. Die Kopfpauschale sei unsozial.

Ersatzkassen skeptisch bezöglich Kopfpauschale

Der Vorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen, Christian Zahn, warnte davor, "das bewährte beitragsfinanzierte System leichtfertig auf Kopfpauschalen umzustellen". Es müsse bezweifelt werden, ob ein System aus Kopfpauschale plus Steuerausgleich am Ende gerechter sei als das derzeitige Beitragssystem mit eingebautem Sozialausgleich. Zahn appellierte an die Koalition, ihre im Koalitionsvertrag getroffenen Absichtserklärungen im Zweifelsfall zu revidieren.

DGB-Vorstandsmitglied Annelie Buntenbach bezeichnete die Kommission als "politischen Elfenbeinturm". Die Diskussion über die zukünftige Finanzierung der GKV müsse in der öffentlichen Arena und nicht in Hinterzimmern der Ministerialbürokratie stattfinden. Der Deutsche Gewerkschaftsbund richtete ebenfalls eine Kommission zur Zukunft des Gesundheitssystems ein. Die konstituierende Sitzung soll am 10. März in Berlin stattfinden. Dem Gremium gehören neben Gewerkschaftern Vertreter von Sozialverbänden und aus der Wissenschaft an.

 

epd