"Bildung muss für arme Kinder kostenlos sein"
Der Gründer und Leiter des christlichen Kinder- und Jugendwerkes "Die Arche", Bernd Siggelkow, hat sich im Kampf gegen Kinderarmut für kostenlose Bildungsangebote ausgesprochen.

Die Bundesregierung müsse die Rahmenbedingungen in Deutschland so verändern, "dass keine Zweiklassengesellschaft entsteht", sagte der Pastor dem Evangelischen Pressedienst (epd). Um Kinder aus armen Bevölkerungsschichten nicht weiter zu benachteiligen, "darf Bildung nichts kosten".

Siggelkow unterstützt als einer von zehn prominenten Botschaftern aus Kirche, Kultur, Sport und Wissenschaft das EU-Kampagnenjahr gegen Armut und Ausgrenzung. Die deutsche Aktion unter dem Motto "Mit neuem Mut" wird an diesem Donnerstag in Berlin von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) eröffnet. Schirmherrin ist Margot Käßmann, die Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).

Musik, Museum, Vereine

An die Politik appellierte Siggelkow, möglichst rasch den gebührenfreien Kitabesuch zu ermöglichen. Zudem müssten Musikunterricht und Vereinsmitgliedschaften für arme Kinder ebenso von der öffentlichen Hand finanziert werden wie etwa Museumsbesuche und Nachhilfestunden. Ohne mehr zielgenaue Unterstützung werde die soziale Spaltung weiter zunehmen, warnte er. Schon heute könnten "Millionen armer Kinder an Freizeit- oder Bildungsangeboten nicht teilnehmen", sagte der Pastor und sprach sich in diesem Zusammenhang auch für ein kostenloses Schulessen aus.

In ähnliche Richtung gehen Forderungen des Deutschen Städte- und Gemeindebunds. Dessen Hauptgeschäftsführer Gerd Landsberg schlug "Teilhabepakete" für Kinder aus Hartz-IV-Familien vor: Eltern sollten über das Jobcenter für ihr Kind einen Stadtausweis erhalten, der bestimmte kostenlose Leistungen wie die Mitgliedschaft in einem Sportverein, die Nutzung von öffentlichen Bibliotheken oder den vergünstigten Eintritt für Schwimmbäder und Museen enthalte. "Das wäre besser und zielführender als die Erhöhung der Regelsätze", sagte Landsberg der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Dienstag).

Städtebund: Teilhabepakete verursachen wenig Bürokratie

Laut Landsberg bieten bereits heute viele Städte auf freiwilliger Basis Kindern von Hartz-IV-Empfängern derartige Leistungen an. Sie könnten aber durch die Teilhabepakete ausgeweitet und dauerhaft finanziert werden. Das bedeute - anders als beim reinen Gutschein-System - kaum Bürokratieaufwand und vermeide die Diskriminierung bedürftiger Kinder.

Siggelkow sagte, er wolle sein Amt als Kampagnenbotschafter nutzen, um "als Sprachrohr der Schwachen" aufzutreten. Zudem müsse die "wichtige, Aufmerksamkeit erregende Kampagne" genutzt werden, um den verbreiteten Vorurteilen gegen Arme zu begegnen. So müsse darauf hingewiesen werden, dass die meisten Empfänger staatlicher Unterstützung unverschuldet in ihre prekäre Lage gekommen seien. Die Politiker sind nach seinem Eindruck oft weit weg von den Alltagsproblemen Bedürftiger. Weil Deutschland ein Wohlstandsland sei, werde die Tatsache der wachsenden Armut noch oft verdrängt: "Wir müssen die Menschen zum Umdenken bewegen."

Der Verein "Die Arche" wurde 1995 in Berlin gegründet, wo er eine Grundschule und Kindertagesstätten betreibt. Er unterhält Filialen in Hamburg, München, Potsdam, Düsseldorf und Frankfurt am Main, um Kinder von der Straße zu holen und ihnen sinnvolle Freizeitmöglichkeiten zu bieten.

epd/dpa