Ein Verein, der sich um Obdachlose kümmert, ihnen Hilfe und ein Dach über den Kopf bietet, also eigentlich sehr sozial handelt, darf ein solcher Verein einen Maserati als Dienstwagen unterhalten? Darüber scheiden sich nicht nur in Berlin, wo der Verein seinen Sitz hat, die Geister. Für den Geschäftsführer der Treberhilfe, um die es in diesem Fall geht, ist das alles kein Problem. Was zur "Maserati-Affäre" geführt hat.
Maserati für Stadtrundfahrten
"Ein Maserati ist ein Wagen für einen Gentleman", sagte Harald Ehlert in der vergangenen Woche. Als solcher möchte er verstanden werden - als Geschäftsführer der gemeinnützigen Berliner Treberhilfe, die sich um Obdachlose und sozial Benachteiligte kümmert, und gleichzeitig als privater Investor. Ehlert, der sein Alter mit "Ende 40" angibt, trägt gern Hut, Sakko, Lederschuhe und Samtschal. Man kann geteilter Meinung sein, ob das durchgestylte Äußere zum Chef einer sozialen Organisation passt oder nicht. Doch die Sache mit dem teuren Maserati, den Ehlert als Dienstwagen fährt, haben ihm viele übelgenommen. Dabei betont Ehlert, dass der 2007 erworbene Wagen günstiger gewesen sei als der Listenpreis des Herstellers von 114.000 Euro. Er habe zwischen 70.000 und 90.000 Euro gekostet. Der Maserati sei ein adäquates Auto für ihn, da er auch als Investor tätig sei, sagte Ehlert. Mit einem Kleinwagen wäre er nicht so erfolgreich, so seine Meinung.
Dennoch gab und gibt es offenbar noch einigen Klärungsbedarf. In einer Pressekonferenz hat Ehlert jetzt in der ganzen Affäre volle Transparenz versprochen. Zudem kündigte er am Montag in Berlin an, den umstrittenen Wagen nun anderweitig nutzen zu lassen: Die italienische Nobelkarosse soll künftig als sogenanntes "Transparenz-Mobil" der Treberhilfe für "Stadtrundfahrten durch das soziale Berlin" eingesetzt werden. Mit diesem Schriftzug ist der Maserati Quattroporte an den Seiten beklebt worden.
Der Wagen sei weder durch Spenden noch durch Zuschüsse des Landes Berlin oder andere öffentliche Stellen, sondern aus den Gewinnen der gemeinnützigen Treberhilfe Berlin gGmbH finanziert worden, betonte Ehlert. Das Finanzamt habe ihn als Bestandteil des gemeinnützigen Vermögens des Sozialunternehmens anerkannt. Damit sei der Wagen ein "Sozialmaserati" - der erste und einzige in Deutschland, wie Ehlert betonte. Es gebe auch keine Maserati-Affäre, sondern eine "Sozialmaserati-Provokation", erklärte er.
Diakonie könnte über Ausschluss nachdenken
Zur Ankündigung des Diakonischen Werkes, die Mitgliedschaft der Treberhilfe aufzukündigen, sagte Ehlert, er sehe in der Frage, ob ein auf über 100.000 Euro geschätztes Auto als Dienstwagen eines Sozialwerkes angemessen ist, keinen rechtlichen Grund für einen Ausschluss aus dem Wohlfahrtsverband.
Dazu erklärte Thomas Dane vom Vorstand des Diakonischen Werkes Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, die Diakonie könne Mitglieder ausschließen, wenn "die Grundüberzeugungen nicht mitgetragen werden". Dane erneuerte seine Ausschlussdrohung, sollten die Vorbehalte hinsichtlich des Geschäftsgebarens nicht ausgeräumt werden. Die Pressekonferenz am Montag sei ein erster Schritt in die richtige Richtung gewesen, aber "noch nicht ausreichend", so der Diakonie-Vorstand. Ohne die Diakonie im Rücken käme die Treberhilfe in ihren Kernbereichen wie Wohnungslosenhilfe oder Jugendsozialarbeit "nur schwer über die Runden".
Die Diakonie bekomme Transparenz, aber nicht "mit Asche auf dem Haupt", sagte Ehlert. Das in der "Sozialwirtschaft praktizierte Schein-Devote" lehne er für sich und seine Mitarbeiter ab. Auch diese sollten einen anständigen Dienstwagen fahren dürfen, wenn sie hart arbeiten und etwas leisten. Die Treberhilfe sei Social-Profit-Unternehmen und damit in einem Bereich, in dem in Deutschland jährlich 190 Milliarden Euro umgesetzt werden.
280 Mitarbeiter
Die Treberhilfe entstand nach eigenen Angaben 1988 aus der Fusion zweier Vereine im Berliner Stadtteil Schöneberg. Das Sozialwerk beschäftigt derzeit nach eigenen Angaben rund 280 Mitarbeiter in zahlreichen, auch vom Senat geförderten Projekten in der Straßensozialarbeit und der Betreuung wohnungsloser Menschen. Nach Angaben des Geschäftsführers hat die Treberhilfe in den vergangenen acht Jahren rund 10.000 Menschen aus Hartz IV "rausgebracht".
Die Treberhilfe gGmbH gehört je zur Hälfte dem Geschäftsführer und dem Verein Treberhilfe. Die gGmbH gehört zur Diakonie, der Verein Treberhilfe zum Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband. Irritationen über das Geschäftsgebaren Ehlerts gab es bei den Verbänden immer wieder. So hatte er nach der Wahl von US-Präsident Barack Obama im Berliner "Tagesspiegel" eine ganzseitige Anzeige schalten lassen, in der Obama zur Wahl gratuliert wurde. Die geschätzten Kosten lagen bei rund 18.000 Euro.
Dass sich plötzlich alle für den Verein und seinen Geschäftsführer interessieren, ist eher einem Zufall zu verdanken. In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass der auf die Treberhilfe zugelassene Nobelschlitten im Juni 2009 im Müritzkreis in Mecklenburg-Vorpommern geblitzt worden war. Ehlert wollte aber nicht sagen, wer der Fahrer gewesen war. Deswegen wurde ihm ein Fahrtenbuch auferlegt, was er aber ablehnte. Deswegen sollte es am Mittwoch zu einem Prozess vor dem Berliner Verwaltungsgericht kommen. Doch am Montag kündigte Ehlert auch das Führen eines Fahrtenbuchs für das umstrittene Mobil an. Damit sei im Prinzip der Gerichtstermin am Verwaltungsgericht hinfällig, so Ehlert.