Zumindest an einem Ritual hielten Arbeitgeber und Gewerkschaft eisern fest: Es musste ein Verhandlungsmarathon werden, der an die Schmerzgrenze ging. Doch nach rund 15 Stunden war der Abschluss für die rund 700.000 Beschäftigten in der Metall- und Elektroindustrie Nordrhein-Westfalens am Donnerstagmorgen unter Dach und Fach - und damit auch der Pilotabschluss für die gesamte deutsche Metallbranche mit 3,4 Millionen Beschäftigten. Im Eiltempo kamen Arbeitgeber und Gewerkschaften schon in der zweiten Tarifrunde zu einem Ergebnis.
Übermüdet, aber zufrieden präsentierten die Verhandlungsführer der Arbeitgeber und der Gewerkschaft, Horst-Werner Maier-Hunke und Oliver Burkhard, den neuen Tarifvertrag "Zukunft in Arbeit". "Wir haben hart verhandelt und sind auch in schwierigen Zeiten in der Lage, gute Ergebnisse zu erzielen", sagte Burkhard. Auch Maier-Hunke begrüßte die schnelle Einigung: "Wir haben sehr früh erkannt, dass wir etwas tun müssen für die Sicherung der Arbeitsplätze."
Neben dem Beschäftigungspaket erhalten die 700.000 Beschäftigten in Nordrhein-Westfalen eine Einmalzahlung von 320 Euro im ersten Jahr nach Auslaufen des alten Tarifvertrages Ende April. Außerdem gibt es eine Entgelterhöhung um 2,7 Prozent von April 2011 bis Ende März 2012. Der Beschäftigungspakt sichert Arbeitsplätze vieler Metaller in Kurzarbeit über einen längeren Zeitraum und sieht eine tarifliche Kurzarbeit, Kündigungsschutz und Verkürzung der Arbeitszeit vor.
Not macht erfinderisch
Es war eine Einigung im Rekordtempo, wie es sie in der deutschen Tariflandschaft selten gegeben hat - schon gar nicht mit der sonst eher kämpferischen und streikfesten IG Metall. Doch Not, sprich die schwere Wirtschaftskrise, macht erfinderisch: Zum ersten Mal überhaupt verzichtete die IG Metall auf eine konkrete Entgeltforderung und jegliche Drohgebärden.
Doch als lahme Ente sieht IG-Metall-Chef Berthold Huber seine Organisation keinesfalls. "Was ist ambitionierter als Beschäftigung zu sichern in der größten Wirtschaftskrise?" fragte er. Zugleich forderte er die Unternehmer auf, die neu geschaffenen Instrumente im betrieblichen Alltag umzusetzen.
Tatsächlich ist es Metallern und Arbeitgebern gelungen, ein dickes Jobpaket zu schnüren: Von Anfang an wollte sich die IG Metall dieses Paket nicht durch eine Nullrunde abkaufen lassen. Und das war der eigentliche Knackpunkt der Gespräche. Landesarbeitgeberchef Horst-Werner Maier-Hunke hatte zu Beginn der Verhandlungen die Latte hoch gelegt: "Unser Angebot ist Null", sagte er und ließ die IG Metall mit ihrem Begehr nach Reallohnsicherung erst einmal abblitzen.
"Niemandem muss in der Krise gekündigt werden"
Angesichts der schweren Krise, die vor allem den Maschinenbau durchrüttelt, standen die Tarifpartner unter enormem Handlungsdruck: Die Unternehmen wollen bei schlechten Geschäften Planungssicherheit für die Zukunft. Gleichzeitig sind die Beschäftigten an sicheren Arbeitsplätzen interessiert, die mit der gesetzlichen Kurzarbeit erhalten werden konnten. Diese Menschen über den neuen Tarifvertrag "Zukunft in Arbeit" in Brot und Lohn zu halten, war das zentrale Anliegen der Gewerkschaft. Und das sei auch erreicht worden, frohlockte Burkhard: "Niemandem muss in der Krise gekündigt werden."
Wie notwendig dieser Tarifvertrag für die Metaller in Deutschland ist, zeigt allein ein Blick auf die Zahlen. Bundesweit sieht die IG Metall bis Ende 2012 rund 700.000 Jobs bedroht, wenn die Kurzarbeit ausläuft und Anschlussinstrumente fehlen. Dieser Schleuse haben die Tarifpartner in Nordrhein-Westfalen einen Riegel vorgeschoben.