"Si vis amari, ama": "Wenn du geliebt werden willst, liebe!" - Lucius Annaeus Seneca, genannt Seneca der Jüngere, römischer Philosoph, Dramatiker, Naturforscher und Staatsmann, geboren etwa im Jahre 1 in Corduba (heute Cordoba), gestorben im Jahre 65 in der Nähe von Rom.
Der erste Impuls zur Entstehung von Liebe zwischen zwei Menschen ist eine ganz profane (vermutete) Bedürfnisbefriedigung. Und zwar auf sexueller, materieller und intellektueller Ebene. Man fängt an, sich in jemanden zu verlieben, wenn man von ihm vermutet, dass er die persönlichen Bedürfnisse zu befriedigen in der Lage ist. Dabei handelt es sich zunächst um einen einseitigen Vorgang, der unabhängig davon ist, ob die Liebe erwidert wird. Die Erwiderung erfolgt dann, wenn das Objekt der Liebe ebenfalls Gefallen am Liebenden findet und zur Auffassung kommt, dass dieser wiederum die eigenen persönlichen Bedürfnisse befriedigen kann.
Doch wer geliebt werden will, muss zunächst einmal selber zur Liebe, zum Lieben fähig ein sein. Zu lieben bedeutet, sich selber zu verschenken. Verschenken jedoch kann man nur das, was man auch besitzt. Und sich selber zu besitzen heißt zu wissen: wer man ist, was man ist, was man will.
Kurzum: Um einen anderen lieben zu können, muss man sich erst einmal selber voll und ganz erkennen und akzeptieren. Um überhaupt liebensfähig zu sein, muss man sich zunächst selber lieben können. Dabei verhält es sich, wie es Jesus Christus den Menschen verkündete: "Liebe Deinen Nächsten wie Dich selbst und Du bekommst es tausendfach zurück." Grundlage und Maß der (Nächsten-)Liebe ist die Eigenliebe. Ergo: Wer sich selber nicht liebt, ist nicht wirklich zu einer tiefen (Nächsten-)Liebe fähig.
Über den Autor:
Hasso Mansfeld arbeitet als selbstständiger Kommunikations-Berater. Die Beschäftigung mit philosophischen Fragen ist fester Bestandteil seiner Beratungstätigkeit. Für seine Ideen und Kampagnen wurde er bereits mehrfach ausgezeichnet.