In Polen ist Frédéric François Chopin (1810-1849) - der dort Fryderyk Franciszek geschrieben wird - in diesem Jahr allgegenwärtig. Denn das Land feiert den 200. Geburtstag des Komponisten und Klaviervirtuosen. Das genaue Geburtsdatum ist unklar: Chopin, Sohn eines französischen Einwanderers und einer verarmten polnischen Adligen, gab an, er sei am 1. März 1810 in Zelazowa Wola bei Warschau geboren. Aber auf dem Taufschein steht der 22. Februar 1810.
Etwa 2.000 Veranstaltungen sind in Polen das ganze Jahr über geplant, von Klavier-Wettbewerben über Jazzaufführungen und "Chopin für die Kleinsten" bis zur Eröffnung des Chopin-Museums in Warschau. Nach anderthalbjähriger Renovierung soll es die Besucher mit neuesten Multimedia-Spielereien begeistern. Stars geben sich die Ehre wie der russische Pianist Jewgeni Kissin und der Pole Rafal Blechacz, der mit seinen langen Haaren und dem blassen Teint seinem musikalischen Vorbild auch äußerlich ähnelt.
Zwischen dem 22. Februar und dem 1. März können die Warschauer "Nonstop Chopin" genießen: In einer Kulturbegegnungsstätte nahe der Altstadt werden mehrere hundert Pianisten Tag und Nacht durchspielen - "ja auch um drei Uhr", sagt Pawel Besser, Sprecher des "Polonia Hauses".
"Seine Finger sind nur Diener seiner Seele"
Nur einige Schritte entfernt, im spätbarocken Palast Palac Radziwillow, war vor 192 Jahren das damals achtjährige Wunderkind Chopin erstmals an die Öffentlichkeit getreten. Ein Jahr zuvor hatte der Musiker schon seine ersten Préludes komponiert. Unter der Leitung von Jozef Elzner begann der 16-jährige Chopin dann ein Studium am Warschauer Konservatorium.
Elzner, lutherischer Theologe und Musikpädagoge aus Schlesien, gilt als sein wichtigster Lehrer. Zum Abschluss des Studiums bescheinigt er Chopin "besondere Begabung, musikalisches Genie". Es folgen Konzerte im Ausland. Im Alter von 21 Jahren verlässt Chopin Warschau für immer und zieht nach Paris, wo er als Virtuose gefeiert wird. Dort macht er auch die Mazurka und die Polonaise bekannt, folkloristische Tanzweisen seiner Heimat, die er für das Klavier umkomponierte.
"Seine Finger sind nur Diener seiner Seele", schwärmte selbst der sonst gern spöttische Dichter Heinrich Heine über den Musiker. Heute weiß man, dass die scheinbare Chopin'sche Leichtigkeit hart erarbeitet war. Chopin litt er an einer schwachen Gesundheit, schon als 20-Jähriger sprach er im Brief an einen Freund von seinem baldigen Tod. Der Berühmtheit zu Lebzeiten tat dies keinen Abbruch, entsprach doch Chopins kränklicher Zustand der romantischen Vorstellung vom lebensunfähigen Genie.
Chopins Herz ruht in Warschauer Heiligenkreuz-Kirche
Nach dem Zerwürfnis mit der Schriftstellerin George Sand (1804-1876), mit der er elf Jahre lang in einem unruhigen Verhältnis verstrickt war, verschlimmerte sich sein Zustand drastisch. Chopin starb schließlich am 17. Oktober 1849 im Alter von 39 Jahren in seiner Pariser Wohnung.
Über Chopins Leiden wird bis heute gerätselt. Viele Wissenschaftler glauben, die genetisch bedingte Stoffwechselkrankheit Mukoviszidose habe den Tod verursacht. Aufschluss könnte eine Untersuchung des konservierten Herzens des Musikers geben. Es ruht auf Chopins Wunsch in Polen, in der Warschauer Heiligenkreuz-Kirche. Im Zweiten Weltkrieg hatte ein katholischer Priester es vor den Deutschen außerhalb der Stadt versteckt.
Das Organ des Musikers hat den Status eines Nationalheiligtums. Genetiker und Mediziner haben sich darum bislang vergeblich um eine Gewebeprobe bemüht. Der musikalische Weltbürger Chopin ist in seinem Herzen immer Pole geblieben - da darf man nicht hineinschneiden.