"Dies war ein Tag mit den größten Herausforderungen, die man sich vorstellen kann", sagte Organisationschef John Furlong nach der Zeremonie am Freitagabend (Ortszeit) vor 55.000 Zuschauern im überdachten BC Place Stadium und bis zu drei Milliarden weltweit vor den Fernsehgeräten. Zwei Jahre lang hatten die australischen Regisseure David Atkins und Ignatius Jones die kunstvoll arrangierte Drei-Stunden-Show vorbereitet. Trotz der schwierigen Umständen war Furlong am Ende "äußerst stolz" auf die Show.
Für den großen Moment am Ende des über 45.000 Kilometer führenden Fackellaufs standen vor den Augen der Welt gleich vier Prominente bereit: Eisschnelllauf-Olympiasiegerin Catriona LeMay Doan, Basketball-Profi Steve Nash, Ski-Altstar Nancy Greene und Eishockey- Legende Wayne Gretzky. Doch eine der vier riesigen Stehlen konnte nicht ausgefahren werden, so dass das Quartett zunächst ratlos mit den Fackeln in der Hand verharrte. Am Ende war LeMay Doan in der künstlichen Winterlandschaft arbeitslos, während die drei anderen die Flamme anzündeten. Atkins nahm's locker: "Ich denke, das ist ein Beispiel dafür, dass wir alle Menschen sind."
Zum zweiten Mal in Kanada
Gretzky und seine Mitstreiter hatten seit dem 2. Oktober von ihrer ehrenvollen Aufgabe gewusst, waren aber zur strengen Geheimhaltung verdonnert worden. "Es war ganz klar ein großer Tag für mich", sagte Gretzky. Um 20.31 Uhr Ortszeit hatte General-Gouverneurin Michaelle Jean mit dem Satz "Ich erkläre die XXI. Olympischen Winterspiele von Vancouver für eröffnet" das Startsignal für das zweite Weltfest des Wintersports in Kanada nach Calgary 1988 gegeben. An dem 16-tägigen Spektakel in der Hafenstadt und der rund 120 Kilometer entfernten Bergregion um Whistler nehmen rund 2700 Sportler aus 82 Ländern teil.
Mit gesenkten Köpfen, Trauerflor und schwarzen Schals zog die Mannschaft Georgiens nach dem fürchterlichen Unfall Kumaritaschwilis wenige Stunden zuvor ein. Mit aufmunterndem Applaus begrüßten die Zuschauer das Team, später wurde noch eine Gedenkminute für den toten Rodler eingelegt. «In größter und tiefster Traurigkeit nehmen wir zur Kenntnis, dass Nodar Kumaritaschwili heute beim Training in Whistler ums Leben gekommen ist. Unser Mitleid gilt seiner Familie, seinen Freunden und Landsleuten», sagte Jacques Rogge, der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), mit dunklem Anzug und schwarzer Krawatte. "Tragt seinen olympischen Traum auf euren Schultern und kämpft mit seinem Geist in euren Herzen", rief Furlong, der Präsident des Organisationskomitees VANOC, die Athleten auf.
André Lange führt deutsches Team an
Der dreifache Bob-Olympiasieger André Lange führte das deutsche Team an, das seine Position als Wintersport-Nation Nummer eins in Vancouver behaupten will. Die rund 150 farbenfroh gekleideten Funktionäre und Sportler, darunter Ski-Star Maria Riesch und Eisflitzerin Anni Friesinger, wurden in der 20 Gad warmen Halle mit freundlichem Beifall bedacht.
"Man hat bei dieser Eröffnungsfeier den Enthusiasmus und den großen Stolz der Kanadier auf ihre Kultur und Geschichte gespürt. Die deutsche Mannschaft war hin und weg", sagte Michael Vesper, Generaldirektor des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB). "Und zugleich haben wir die schwierige Situation nach dem Tod des georgischen Rodlers sehr angemessen behandelt." Das 206 Athleten starke kanadische Team wurde frenetisch bejubelt.
Demo ohne Zwischenfälle
Ahornblätter und Konfetti-Schnee schwebten vom Dach, künstliche Wale und Lachse «schwammen» durch die Halle, eine riesige Eisbär-Skulptur ließ das Publikum staunen: 4.000 Darsteller boten eine stimmungsvolle, manchmal etwas langatmige Zeitreise durch 12 000 Jahre kanadischer Geschichte und Kultur. Dabei wurde mit raffinierten optischen Effekten der Bogen von den ersten Indianerstämmen über die Epoche der Besiedlung bis in die Neuzeit gespannt. Mit der Eröffnungszeremonie erlebten die Spiele in der frühlingshaft anmutenden 600.000-Einwohner-Stadt einen friedlichen Auftakt. Eine angekündigte Demonstration von rund 800 Olympia-Gegnern verlief ohne Zwischenfälle.