EU schickt Soldaten zum Häuserbauen nach Haiti
Die Diakonie Katastrophenhilfe hat an die EU und andere internationale Geldgeber appelliert, beim Wiederaufbau in Haiti auch soziale Aspekte zu bedenken. "Die massiven finanziellen Mittel können die sozialen Ungleichheiten verstärken", warnte der Sprecher des Hilfswerkes, Rainer Lang, am Rande eines Sondergipfels der EU-Staaten zur Lage in Haiti.

Lang verlangte ein koordiniertes und umfassendes internationales Hilfskonzept. Dieses dürfe sich nicht auf den Bau von Siedlungen und auf Sicherheitsfragen beschränken, sondern müsse beispielsweise neue Arbeitsmöglichkeiten für die Haitianer einschließen. In Brüssel waren am Donnerstag die Staats- und Regierungschefs der EU zusammengekommen, um unter anderem über die Lage in Haiti nach dem verheerenden Erdbeben vom 12. Januar zu sprechen. Es sei positiv, wenn die Hilfe für Haiti erneut politisch bekräftigt werde, sagte Lang.

EU will Schutz vor der Regenzeit schaffen

Die EU-Staaten berieten vor allem über weitere Infrastruktur-Hilfe, um den Menschen in Haiti wieder ein Dach über dem Kopf zu schaffen. Die Europäische Union wird eine Militärmission zum Bau von provisorischen Unterkünften nach Haiti schicken, teilte EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton mit. Die Soldaten werden auf Wunsch der Regierung Haitis und der Vereinten Nationen entsandt.

"Unterkünfte gehören jetzt zu den dringendsten Notwendigkeiten", sagte Ashton. Nach dem Erdbeben seien noch etwa 90.000 bis 100.000 Menschen ohne Bleibe. Die meisten sollen dank der Soldaten aus den EU-Ländern noch vor Beginn der Regenzeit im März vorübergehend ein Dach über dem Kopf finden.

Katastrophenhilfe-Sprecher Lang rief die internationalen Helfer auf, die Erfahrungen nach dem Tsunami in Südostasien 2004 zu nutzen, gerade wenn es um Unterkünfte gehe. Im indonesischen Aceh stünden heute mehrere Schulen unmittelbar nebeneinander, unterstrich er. Häuser würden teilweise nicht benutzt. Die Helfer müssten sich sowohl untereinander als auch mit den lokalen Gemeinschaften eng abstimmen, so Lang. Hoffnung mache ihm aber die Solidarität, die überall in Haiti zu beobachten sei: "Die Nachrichten von Gewalt, Chaos und ständigen Überfällen sind Übertreibungen." Lang hatte sich nach dem Erdbeben knapp zwei Wochen in Haiti aufgehalten.

Militär soll keine Sicherheitsaufgaben übernehmen

Diplomaten sagten, das Militär habe keine Sicherheitsaufgaben. Bisher stand noch nicht fest, um wie viele Soldaten es geht und aus welchen Ländern sie kommen werden. "Das Wichtigste ist nach wie vor, Leben zu retten und dem haitischen Volk zu helfen, mit den Folgen des Erdbebens fertig zu werden", sagte Ashton.

Die EU-Außenbeauftragte verteidigte auch die bisherige Hilfe der 27 EU-Staaten für das karibische Land. "Wir haben jeden Grund, auf unser Handeln stolz zu sein", sagte sie am Donnerstag in Brüssel kurz vor den Beratungen über die Haiti-Hilfe. "Wir haben schnell und angemessen reagiert: Wenige Stunden nach dem Unglück wurden die ersten Hilfsteams in Marsch gesetzt. Und die EU ist nun der wichtigste Geldgeber für Haiti."

Nach Angaben von Diplomaten hatte es in den vergangenen Wochen immer wieder Kritik gegeben, Ashton sei nicht rasch genug selbst nach Haiti gereist. "Ich bin überzeugt, dass es richtig war, erst einmal die Dinge auf die Reihe zu bekommen und die Hilfe zu koordinieren. Das hat an Ort und Stelle Menschenleben gerettet", konterte die EU-Außenbeauftragte.

epd/dpa