Warum sich die USA für europäische Bankdaten interessieren
Die USA wollen auch künftig Zugriff auf die Bankdaten der Europäer haben. Bei Datenschützern schrillen die Alarmglocken. Das EU-Parlament soll am Donnerstag einem Abkommen zustimmen.

Am Donnerstag soll das EU-Parlament über das sogenannten Swift-Abkommen abstimmen, das den USA Zugriff auf europäische Bankdaten ermöglicht. Ob es zu einer Entscheidung kommt, ist noch offen, denn die christdemokratische Fraktion könnte eine Vertagung beantragen.

Eine neue rechtliche Grundlage für die Weitergabe von europäischen Bankdaten an US-Fahnder wurde nötig, weil die belgische Firma Swift, die nahezu alle europäischen Bankgeschäfte abwickelt, einen ihrer Server aus den USA abgezogen und in die Schweiz verlagert hatte. Solange sich die Daten in den USA befanden, hatten die dortigen Behörden Zugriff nach ihren eigenen Gesetzen. Dabei interessieren sich die USA für Überweisungen von Europa ins nicht-europäische Ausland. Bei Banküberweisungen werden Name, Betrag und Empfänger an die USA gegeben.

Druck aus den USA

Mit der Verlagerung des Servers in die Schweiz haben die USA keine Zugriffsmöglichkeit mehr, eine neue Grundlage musste geschaffen werden. Die Innneminister der 27 EU-Staaten hatten sich im November auf ein neues Abkommen verständigt. Dies stand jedoch auch zweierlei Gründen in der Kritik: Datenschützer monierten, dass geltende europäische Schutzbestimmungen nicht berücksichtigt wurden. Und außerdem stimmten die Innenminister ausgerechnet am 30. November zu - just einen Tag bevor der neue Lissabon-Vertrag in Kraft trat. Und dieser Vertrag sieht eine Zustimmung des EU-Parlaments vor. Deutschlands Innenminister Thomas de Maizière enthielt sich bei der Abstimmung.

Von daher hatte das Abkommen, das am 1. Februar 2010 in Kraft getreten ist, von Anfang an nur vorläufigen Charakter. Denn mit der neuen Rechtsgrundlage hat das EU-Parlament volle Mitsprache bei der Justiz- und Innenpolitik erhalten und kann Gesetzesvorhaben blockieren. Derzeit passiert aber nichts, denn Swift weigert sich vor der Entscheidung des EU-Parlaments, Daten weiterzugeben. Lehnt das Parlament aber ab, müssen die USA die Bankdaten auf der Grundlage von Rechtshilfeabkommen anfordern - was auf jeden Fall aufwändiger wäre.

Vor einer Woche hatte der Innenausschuss dem Parlament empfohlen, das Abkommen zu kippen. Danach übten die USA massiven Druck aus. Vor der entscheidenden Abstimmung warben die USA sowie Spanien für den EU-Ratsvorsitz und die EU-Kommission in Straßburg in letzter Minute nochmals für die Vereinbarung.

Offen ist, ob es wirklich zu einer Entscheidung kommt, da die konservativ-christdemokratische EVP-Fraktion am Donnerstag beantragen will, die Entscheidung zu verschieben. Damit würde Zeit gewonnen für Gespräche mit den USA und dem EU-Ministerrat, der die EU-Mitgliedsländer vertritt.

Kritiker monieren, dass die Vereinbarung den europäischen Datenschutz verletzt und Bürger keine Möglichkeit haben, vor Gericht gegen den Missbrauch ihrer Daten zu klagen. Somit könnte jeder Europäer ins Visier der Fahnder geraten. Zudem habe das Parlament zu wenig Mitspracherechte gehabt. Sozialisten, Grüne und Liberale halten an ihrer Ablehnung fest.

Innenkommissarin will Aufschub

"So weit meine Fraktion betroffen ist, werde ich die Ablehnung empfehlen", sagte der sozialdemokratische Fraktionschef Martin Schulz. Die SPD-Abgeordnete Birgit Sippel nannte die Stimmungsmache der USA zur Rettung des Interimsabkommens übertrieben. "Swift ist kein unersetzliches Instrument."

Die EVP-Fraktion ist sich nicht einig, ihre deutschen CDU/CSU-Mitglieder neigen zu einem Nein. "Nach meinen Erfahrungen muss man bei Verhandlungen mit Amerikanern bis zum Schluss knallhart bleiben. Wenn man ihnen den kleinen Finger reicht, steht man bald mit einem amputierten Arm da", sagte der CSU-Abgeordnete Markus Ferber. Die Christdemokraten wollen die Abstimmung verschieben, um das Gesprächsangebot der amerikanischen Regierung aufzugreifen, sagte der Vorsitzende der CDU/CSU-Gruppe, Werner Langen.

Die neue Innenkommissarin Cecilia Malmström sprach sich für einen Aufschub der Abstimmung aus. "Geben Sie mir mehr Zeit, um mit einem neuen Abkommen zurückzukommen", appellierte sie an die Abgeordneten. Die Befürworter verwiesen erneut auf die Erfolge, die die Terrorfahnder dank der Swift-Bankdaten gemacht haben. Nach Worten Rubalcabas nutzen die Polizei Swift-Daten nach den Anschlägen von 2004 in Madrid sowie, um weitere Attentate in den USA zu verhindern.

dpa/fra