Spanienurlaub für Hartz-IV-Empfänger - tut man das?
Ein Hartz-IV-Empfänger hat die Möglichkeit, eine zeitlang einen Urlaub in Spanien zu verbringen, und zwar im Haus seines Bruders. Wenn er es macht, hat er aber Angst davor, dem Hartz-IV-Klischee zu entsprechen und als eine Art Schmarotzer gebrandmarkt zu werden.

Beim Internetportal www.das-tut-man-nicht.de können Nutzer Fragen stellen, wenn sie sich nicht sicher sind, ob eine Angelegenheit in gesellschaftlicher, moralischer, ethischer, sozialer oder religiöser Sicht in Ordnung ist oder eben auch nicht. Experten beantworten die ausgewählten Fragen. Wir stellen jede Woche ein Problem samt Antwort zur Diskussion.

Die Frage:

Als Hartz-IV-Empfänger ärgere ich mich kolossal über die aktuelle Debatte. Immer wird so getan, als wären Langzeitarbeitslose eine kollektive Truppe von Faulpelzen, die am liebsten den ganzen Tag herumlungern, fernsehen und ihre Kinder vernachlässigen. Ich bin gebildet, aber schwerbehindert und empfinde das umgekehrt. Nicht ich kopple mich von der Gesellschaft ab, die Gesellschaft tut es von mir. Sie stigmatisiert mich, sie gewährt mir keinen Zugang zu kulturellen Veranstaltungen (zu teuer), verdrängt mich aus meinem sozialen Umfeld (ich musste umziehen) und aus dem öffentlichen Raum. Ständig sitze ich zu Hause. Jetzt hat mir mein Bruder angeboten, bis zum Frühjahr in seinem Haus in Spanien zu wohnen. Kann ich das machen – oder muss ich dann damit rechnen, auch noch in die unterste Hartz-IV-Ausbeuter-Gruppe herabdenunziert zu werden?

Die Antwort von Stephan Leibfried. Er ist Professor am Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen und leitet den Sonderforschunngsbereich "Staatlichkeit im Wandel". Er ist Mitglied der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften (BBAW) und arbeitet in verschiedenen Zukunftskommissionen mit, zum Beispiel bei der Friedrich-Ebert-Stiftung oder der Deutschen Bischofskonferenz.

Das kann man tun. Ich kann Ihnen leider nicht sagen, ob Sie das als Hartz-IV Empfänger so ohne weiteres dürfen, das müssten Sie mit Ihrem Sachbearbeiter klären, inwieweit Sie da in Deutschland in regelmäßigen Abständen präsent sein müssen. Da Sie schwerbehindert sind, ist das vielleicht nicht erforderlich, aber das lässt sich aus der Ferne nicht beurteilen. Aber ansonsten würde ich Ihnen einige Monate außerhalb unserer Eiseskälte schon gerne wünschen! Erwärmen dafür kann ich mich also jederzeit, zumal sie das vielleicht wieder mitten in ein Umfeld und eine Erfahrung hinein bringt, die sie hier in Deutschland eher vermissen. (Achten Sie allerdings darauf, wie Sie da unten krankenversichert sind. Das klappt nicht immer so reibungslos mit der Übertragung der Krankenkassenansprüche.) Eine Gesellschaft, die sich selbst in der Krise und auch in einer Sackgasse sieht, neigt leichter zu Stereotypen und negativen Zuschreibungen als eine, die eine längere Strecke Wirtschaftswunder hinter sich hatte und dachte, es ginge immer so weiter. Von daher leben wir jetzt in ungünstigeren Zeiten. Der Bedarf für Vorurteile ist sehr hoch. Also erkundigen Sie sich bei Ihrem Sachbearbeiter und reisen Sie dann!

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