Andere wollten bereits wissen, dass die 77-Jährige vorzeitig ihr Ehrenamt aufgibt und ein Nachfolger präsentiert wird. Nach dem Treffen kündigte der Zentralrat an, Knobloch werde bis zum Ende ihrer Amtszeit im November bleiben. Danach mache sie den Weg frei für die jüngere Generation.
Noch vor dem Treffen hat sich Knobloch erklärt und auf einen geordneten Wechsel an der Spitze des Dachverbandes bestanden. Trotz der Kritik an ihrem Führungsstil ließ sie in Zeitungsbeiträgen wissen, dass sie keinen vorzeitigen Rückzug plane. Und darin beschreibt Knobloch - wohl klarer als je zuvor -, vor welch doppelter Aufgabe die Vertretung der Juden in Deutschland steht: nach außen das gesellschaftliche Leben und die politische Kultur mitgestalten und "nach innen müssen wir zu einer Gemeinschaft werden, die auch dann lebt, wenn die Generation der Holocaust-Überlebenden nicht mehr da ist".
Mit ihrer Kraft wolle sie dafür arbeiten, "dass jüdisches Leben in unserem gebrochenen Land wieder gelingen kann", versichert die Zentralratspräsidentin. Und es schwingt schon Stolz mit, wenn sie bilanziert: "Es wächst eine junge Generation heran, die Lust und Freude hat, jüdisch zu sein. Die Zuwanderung so vieler jüdischer Menschen nach Deutschland war ein Geschenk und eine Freude."
Ohne auf ihre Kritiker aus den eigenen Reihen direkt einzugehen wirbt die Zentralratspräsidentin für Solidarität von allen, die Verantwortung für die jüdische Gemeinschaft in Deutschland tragen: "Respekt und Anerkennung für die Leistungen eines jeden von uns ist die notwendige Basis, damit uns gelingt, was wir uns vorgenommen haben."
Unstimmigkeiten an der Spitze des Zentralrates, der 23 Landesverbände mit 107 jüdischen Gemeinden und rund 106.000 Mitgliedern umfasst, wurden in den zurückliegenden Monaten mehrfach öffentlich. Zumal offensichtlich auch aus dem Zentralrat heraus gezielt Kritik an der Amtsführung von Knobloch lanciert wurde. Dies schadete dem Ansehen, das sich die Repräsentantin der jüdischen Gemeinschaft in ihrer knapp vierjährigen Amtszeit erworben hat, aber auch der Organisation insgesamt.
In ihren öffentlichen Wortmeldungen überzog Knobloch gelegentlich, traf nicht immer die Zwischentöne, auf die es vielleicht ankommt. Aber ihre Authentizität als Vertreterin des deutschen Judentums litt darunter nicht. Knobloch gehört zu den letzten ihrer Generation, die selbst die NS-Zeit erlebt und die Judenvernichtung überlebt hat. Eindringlich hat sie immer wieder über ihre Erlebnisse als Kind in der Zeit der Judenverfolgung berichtet.
Nachdem sie es in einem ersten Anlauf 2000 nicht geschafft hatte, wurde Knobloch vor knapp vier Jahren zur Präsidentin des Zentralrates gewählt. Dem Führungsgremium gehört sie bereits seit 1997 an. Seit einem Vierteljahrhundert führt sie die Israelitische Kultusgemeinde München und Oberbayern, mit 9.500 Mitgliedern nach Berlin die zweitgrößte Jüdische Gemeinde in Deutschland. Mit straffem Zügel und Erfolg, wie bescheinigt wird. In der Eröffnung der Neuen Hauptsynagoge in München 2006 - am 68. Jahrestag der Reichspogromnacht - sieht sie ein Beleg dafür, dass "die Juden wieder Teil dieses Landes, unseres Landes" sind.
Wie ihre Vorgänger sieht Knobloch in der Bekämpfung antisemitischer Tendenzen eine Hauptaufgabe des Zentralrates. Auch wendet sie sich gegen ungerechtfertigte Kritik am Staat Israel. Neben diesem Wächteramt sind allerdings auch andere Töne von Knobloch zu vernehmen. Zur Fußball-WM 2006 wirbt sie für einen neuen Patriotismus. "Denn nur wer sein Land liebt, kann sich für die gesellschaftlichen und politischen Entwicklungen in ihm verantwortlich fühlen. Nur wer sein Land bejaht, sich mit seiner Nation und ihrer Geschichte identifiziert, wird sich einmischen."
Knobloch spricht als Jüdin und Deutsche. Für sie ist es kein Widerspruch, jüdisch zu sein und Deutschland als Heimat zu begreifen. Und deshalb war es nur konsequent, dass sie sich im vergangenen Jahr ganz vorsichtig der Frage näherte, ob nicht der Zentralrat seinen Namen von "Juden in Deutschland" ändern sollte in "Zentralrat der deutschen Juden". Diese Zukunftsaufgabe stelle sich ihren Nachfolgern, meinte sie.