Tarifstreit: Arbeitgeber deuten Angebot an
Im festgefahrenen Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes von Bund und Kommunen zeichnet sich Bewegung ab: Der Präsident der Vereinigung kommunaler Arbeitgeberverbände (VKA), Thomas Böhle, sagte am Donnerstag: "Ich meine, wir müssen in der kommenden Runde ein Angebot vorlegen."

Wie das konkret aussehe, werde die VKA-Mitgliederversammlung entscheiden. "Das wird ganz ganz schwierig", sagte er im ARD-Morgenmagazin. Unter den vielen Städten, Gemeinden, Kreisen und Kommunalen Unternehmen gebe es welche, denen es finanziell "richtig schlecht" gehe. Ein Angebot könne deshalb nur "ganz geringere Verbesserungen" umfassen, sagte Böhle.

Streikschwerpunkte: Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen

In Baden-Württemberg legten Bus- und Straßenbahnfahrer am Donnerstag mit Beginn der Frühschicht um 4.00 Uhr ihre Arbeit nieder, wie die Gewerkschaft Verdi mitteilte. Städtische Busse und Straßenbahnen in Ulm blieben in den Depots. Die Gewerkschaft kündigte in mehreren Städten Baden-Württembergs und in Nordrhein-Westfalen Warnstreiks an. Dort kann es ebenfalls zu Behinderungen im Nahverkehr und auch auf Flughäfen kommen.

Nach Informationen des Flughafens Düsseldorf wollten die Beschäftigten dort ihre Arbeit zwischen 4.00 und 8.00 Uhr niederlegen. Am frühen Morgen habe es aber zunächst noch keine Einschränkungen gegeben, sagte eine Sprecherin. Auch am Flughafen Köln-Bonn sollte gestreikt werden. Von den Warnstreiks sollen auch Müllabfuhr, Stadtwerke, Kitas, Seniorenheime, Theater und Arbeitsagenturen im Land betroffen sein. Verdi-Chef Frank Bsirske will in Dortmund auf einer Kundgebung sprechen.

Doch auch andere Bundesländer bleiben von der Streikwelle nicht verschont. So sind zum Beispiel in Saarbrücken die Mitarbeiter einer Müllverbrennungsanlage dazu aufgerufen, ihre Arbeit ruhen zu lassen. Laut einer Verdi-Mitteilung soll die Aktion den ganzen Tag dauern. Etwa 350 Fahrzeuge würden deshalb nicht entladen und mehr als 1.000 Tonnen Müll nicht verbrannt.

Bsirske wirft Arbeitgebern Hinhaltetaktik vor

Verdi-Bundeschef Frank Bsirske hat den Arbeitgebern zum Auftakt der Warnstreiks im öffentlichen Dienst in Baden-Württemberg "Hinhaltetaktik" vorgeworfen. "Gedanklich haben sie sich schon in die Schlichtung verabschiedet", sagte Bsirske am Donnerstagmorgen vor mehreren Dutzend warnstreikenden Beschäftigten der Stuttgarter Straßenbahnen AG. Er strebe aber ein Ergebnis am Verhandlungstisch an und hoffe, dass die Bewegung der Arbeitnehmer auch Bewegung in die festgefahrenen Tarifgespräche bringe. In Baden- Württemberg blieben in zahlreichen Städten am Donnerstagmorgen Busse und Straßenbahnen im Depot. Auch Kindergärten und Kliniken sind von Arbeitsniederlegungen betroffen.

"Entscheidungsträger müssen die Kommunen entlasten"

Am Mittwoch hatten sich nach Gewerkschaftsangaben rund 22.000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst von Bund und Kommunen an Aktionen beteiligt. Die Gewerkschaften fordern ein Plus von insgesamt fünf Prozent. Die Arbeitgeber halten die Forderung für deutlich zu hoch.

Bsirske rechtfertigte im "Mannheimer Morgen" (Donnerstag) die Tarifforderungen mit dem Argument, dass die Arbeitgeber angesichts leerer Kassen bereits Lohnkürzungen für die kommenden Jahre vorbereiteten. "Die Kämmerer in den Kommunen müssen Front machen gegen die wahnwitzigen Steuerpläne in Berlin. Die dortigen Entscheidungsträger müssen die Kommunen entlasten", forderte er.

Kritik von CDU-Generalsekretär Gröhe

Während Verdi für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst um fünf Prozent mehr Lohn kämpft, will die Dienstleistungsgewerkschaft den eigenen Angestellten nur 1,5 Prozent sowie rückwirkend für 2009 eine Einmalzahlung in Höhe von 150 Euro zugestehen. Verdi-Vorstandsmitglied Isolde Kunkel-Weber verteidigte am Mittwochabend im NDR-Fernsehmagazin "Menschen und Schlagzeilen" das Angebot. Die vom Gesamtbetriebsrat geforderten fünf Prozent würden die Personalkosten um rund 8,5 Millionen Euro pro Jahr erhöhen. Das entspräche etwa 120 Vollzeitstellen für Gewerkschaftssekretäre, die nicht mehr besetzt werden könnten.

CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe kritisierte die Tarifforderung angesichts der Wirtschaftslage als überzogen. Gröhe sagte der "Berliner Zeitung" (Donnerstag): "Angesichts von Forderungen nach fünf Prozent mehr Lohn werden viele, die in unsicheren Arbeitsverhältnissen leben und mit niedrigeren Lohnerhöhungen auskommen müssen, nur den Kopf schütteln."

dpa