Die medienpolitische Sprecherin der Fraktion, Tabea Rößner, sagte am Mittwoch in Berlin, der ZDF-Staatsvertrag verstoße sowohl gegen die von der Verfassung geschützte Rundfunkfreiheit (Artikel 5) als auch gegen das staatliche Willkürverbot (Artikel 3). Der Leiter der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei, Martin Stadelmaier, kritisierte die geplante Normenkontrollklage.
Nach der umstrittenen Ablösung von ZDF-Chefredakteur Nikolaus Brender wollen die Grünen in Karlsruhe erreichen, dass der staatliche Einfluss auf den öffentlich-rechtlichen Rundfunk beschränkt wird. Rößner betonte jedoch, dass sie die Parteien nicht gänzlich aus den Gremien verdrängen wolle: "Staatsferne ist für mich nicht die gänzliche Ferne von Politik sondern von Regierungen und Staatskanzleien." Sie regte zudem an, auch die übrige Besetzung der Kontrollgremien zu überdenken und fragte, warum es kaum Vertreter von Migranten und jungen Menschen, dafür aber von Vertriebenen gebe.
Linksfraktion bekräftigt Unterstützung
Die medienpolitische Sprecherin der Linksfraktion, Kathrin Senger-Schäfer, bekräftigte bei der Vorstellung des Antrags, ihre Abgeordneten würden dem Plan der Grünen zustimmen. "Wir sind für die Staatsferne im Rundfunk", sagte Schäfer. Dem Normenkontrollantrag müssen mindestens ein Viertel der Bundestagsabgeordneten zustimmen. Die Abgeordneten der Grünen und der Linken kommen zusammen auf 144 Stimmen. Sie benötigen noch zwölf weitere Stimmen von Abgeordneten anderer Parteien.
Rößner kündigte an, sie werde Ende Februar mit der SPD-Fraktion das Gespräch suchen, damit "die Opposition den Antrag möglichst geschlossen abgibt". Sie zeigte sich zuversichtlich, dass die Abgeordneten der SPD für den Antrag stimmen werden. "Wir rufen aber natürlich alle Demokraten im Bundestag auf, dabei zu sein", sagte Senger-Schäfer.
Der Verwaltungsrat des ZDF, der von Unionspolitikern dominiert wird, hatte Ende November mit sieben von 14 Stimmen gegen die Verlängerung des Vertrags von Brender votiert. Für eine Verlängerung wäre eine Mehrheit von drei Fünfteln notwendig gewesen. "Die Länderchefs hatten ein Vetorecht, das darf nicht sein", sagte der Mainzer Medienrechtler Dieter Dörr, der die Verfassungsklage im Auftrag der Grünen verfasste. "Außerdem war das eine Entscheidung, die das Programm tangiert. Das geht ebenso wenig", sagte Dörr.
Beck-Vorschläge "kosmetische Korrekturen"?
Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) hat Anfang Dezember Vorschläge für eine Veränderung der Zusammensetzung der ZDF-Gremien vorgelegt, mit denen sich die Ministerpräsidenten der Länder Ende Februar befassen wollen. Nach Ansicht von Dörr sind diese Vorschläge eher "kosmetische Korrekturen". Er frage sich auch, "ob man davon ausgehen kann, dass alle Länder Becks Vorschlägen folgen". Einer Änderung des ZDF-Staatsvertrags müssten alle 16 Bundesländer zustimmen. Dörr ergänzte, eine Grundlagenentscheidung habe zudem den Vorteil, dass sich an einem Richterspruch aus Karlsruhe auch die anderen gebührenfinanzierter Sender messen lassen müssten.
Der Leiter der rheinland-pfälzischen Staatskanzlei, Martin Stadelmaier, kritisierte die angekündigte Verfassungsklage der Grünen. Der ZDF-Staatsvertrag sei von den Ländern beschlossen worden und könne auch von diesen geändert werden, sagte er. Gerichte sollten immer erst angerufen werden, wenn es keine Aussicht auf Einigung gebe.
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) rief die Abgeordneten aller Parteien auf, den Normenkontrollantrag der Grünen zu unterstützen. Es sei an der Zeit, dass das Bundesverfassungsgericht sich grundlegend dazu äußere, "ob die Zusammensetzung von Fernsehrat und Verwaltungsrat das Gebot der Staatsferne im Rundfunk verletzt", sagte der DJV-Vorsitzende Michael Konken.