Evangelische Kirche muss für Jugendliche attraktiver werden
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) soll für Jugendliche attraktiver werden. In einer Studie wird empfohlen, die Kirche für populäre Jugendkultur zu öffnen.

"Kirche sind nicht nur Erwachsene", kirchliche Angebote müssten junge Menschen in deren unterschiedlichen Lebensstilen und -welten besser ansprechen, empfiehlt eine EKD-Studie zum Verhältnis von Kirche und Jugend, die am Mittwoch in Hannover veröffentlicht wurde. Angesichts zunehmender Distanz und abnehmender Kirchenbindung wird darin eine "jugendsensible Kirche" befürwortet. Dazu gehöre die Öffnung für populäre Jugendkultur, in der neuen Medien, Ästhetik und Inszenierung mehr Platz finden.

Junge Menschen suchten nach Orientierungen für ihr Leben und nach Antworten auf ganz unterschiedliche Fragen. "Es geht dabei immer auch um Werte und Lebenssinn, und damit eben immer auch um religiöse Fragen", schreibt die Vorsitzende des Rates der EKD, Landesbischöfin Margot Käßmann, im Vorwort der Handreichung.

Neue Formen der Konfirmandenarbeit

Eine immer wichtigere Rolle in der evangelischen Jugendarbeit spielen der Studie zufolge das Konzept von Jugendkirchen, Jugendclubs und -zentren sowie neue Formen der Konfirmandenarbeit. Von Jugendlichen würden jedoch viele Angebote als "geschlossen" und wenig zugänglich empfunden. Die Kommunikationskulturen und "Theologien" von Jugendlichen sollten stärker aufgegriffen werden. Hierzu sollten mehr Räume eröffnet werden, etwa durch Beteiligungsmöglichkeiten in Blogs Foren und Portale im Internet. Dies gelte auch für die finanzielle Ausstattung der Angebote.

Auf den Wunsch Jugendlicher nach alltäglicher Ästhetisierung sollte die Kirchengemeinden besser reagieren: "Schlecht gepflegte Kirchen, unaufgeräumte Ecken, Häkeldeckchen in Gemeindesälen und zusammengesuchtes Geschirr strahlen eine Alltagsästhetik aus, die (nicht nur) auf Jugendliche wenig anziehend wirkt", wird gemahnt. Fotostreifzüge, mit denen Jugendliche zeigen, wie sie sich "eine Gemeinde mit Zukunft" vorstellen, könnten Veränderungen in Gang setzen.

Gemeinden, Kirchenkreise und Landeskirchen werden aufgefordert, Jugendlichen ein abgestimmtes und vielfältiges Angebot zu machen. Als Beispiele nennt die Studie: feste Gruppen, offene Jugendarbeit, Internetangebote, Treffs, Freizeiten, "Konficamps" und Handy-Arbeit. In Ostdeutschland sollte über niedrigschwellige Angebote vermehrt Kontakt gesucht werden zu Jugendlichen, die keinen Zugang zu Glaube, Kirche und Religion haben.

Wissen von Religion sinkt

Bei der Suche nach Orientierung und Engagement seien kirchliche Antworten und Angebote häufig nicht attraktiv, beschreibt die Studie den Handlungsbedarf. Denn obwohl sich rund 90 Prozent aller evangelischen Jugendlichen eines Jahrgangs konfirmieren lassen, werde danach Kirchenmitgliedschaft meist zur "bloßen Konvention und Tradition". Zwar interessierten sie sich für moralische Fragen und Lebenssinn, gebe es Sehnsucht nach Transzendenz und Spiritualität, aber gleichzeitig sinke in der Generation zwischen 14 und 25 Jahren das Wissen von Religion und sei christliche Überlieferung immer weniger selbstverständlich.

Auf dem religiösen Markt ist die Kirche der Studie zufolge für Jugendliche nur noch eine Anbieterin für Sinnfragen neben anderen. Sie könne auf keinen Bonus rechnen und nur wenig voraussetzen. Mit Blick auf die demographischen Verschiebungen weisen die Autoren daraufhin, dass Jugendliche zur Minderheit in der Gesellschaft und zur Minderheit in einer schrumpfenden Kirche werden. Kirchliche Jugendarbeit sei deshalb darauf zu überprüfen, inwieweit sie die Interessen und Lebenssituation junger Menschen genügend aufnehme oder einer Eigenlogik folge.

epd

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